Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

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Italien zur Zeit der Frührenaissance 
und Besitz ihnen untersagt war, im Verzugsfalle veräußern zu dür 
fen. Die Juden pflegten jedoch ihre ‘ Position keineswegs kampflos zu 
räumen. Als der Magistrat von Padua einst an den venezianischen Se 
nat mit dem Ersuchen herantrat, gegen die „Übertreter des Gesetzes“ 
Repressivmaßnahmen zu ergreifen, und der Senat sich bereit zeigte, 
dem zu entsprechen, gaben die Juden die Erklärung ab, daß sie unter 
solchen Umständen ihren Geschäften nicht nachzugehen vermöchten, 
und schlossen kurzerhand ihre Kreditkassen (i4i5). Ihre entschie 
dene Haltung bewog sogar einen Teil der christlichen Bevölkerung, 
sich für sie einzusetzen, so auch die Universitätsverwaltung, die in 
aller Form erklärte, daß die aus allen Ecken und Enden Europas 
nach Padua herbeiströmenden Studenten die Handels- und Kredit 
dienste der Juden in keiner Weise entbehren könnten. So mußte denn 
der Magistrat nachgeben, was ihn jedoch nicht daran hinderte, später, 
bei der Wiedererneuerung der „Condotten“, neue Konflikte herauf 
zubeschwören. In der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts sollte sich 
die Lage der Juden von Padua unter Einwirkung der von den predi 
genden Mönchen, dem Schrecken aller italienischen Gemeinden, ent 
falteten judenfeindlichen Agitation noch erheblich ungünstiger ge 
stalten. 
Viel freundlicher als die Republik der Kaufleute behandelten die 
Juden die in den verschiedenen Städten Oberitaliens regierenden her 
zoglichen Häuser. In Ferrara waren es die Herzoge aus dem Hause 
d’Este, unter deren Schutze die jüdische Gemeinde in der zweiten 
Hälfte des XV. Jahrhunderts zu hoher Blüte gelangen konnte; die 
Machthaber waren hier stets darauf bedacht, unternehmungslustige 
Geschäftsleute in ihren Herrschaftsbereich zu ziehen und wußten auch 
persönlich die Dienste jüdischer Finanzmänner voll zu schätzen. Im 
Jahre i448 erhielt der Herzog Leone d’Este von Papst Nikolaus V. 
die Sanktion zu einem mit den Juden geschlossenen Vertrage, demzu 
folge sie in Ferrara und seiner Umgebung sich niederlassen, Syna 
gogen erbauen und das Bankgeschäft betreiben durften; als Grund 
hierfür wurde die Erwägung geltend gemacht, daß „die Einwohner 
jener Gebiete großen Schaden an ihrem Vermögen erleiden würden, 
falls es ihnen nicht mehr erlaubt sein sollte, von den Juden Geld zu 
leihen“. Gleichzeitig untersagte der Papst den predigenden Mönchen 
und „Inquisitoren“, auf eine jüdische Beschwerde hin, das Volk ge 
gen die Juden aufzustacheln und den von den Christen mit ihnen ge
	        
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