Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

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Italien zur Zeit der Frührenaissance 
Aristokratie errungenen Sieg und die von ihm verkündete republika 
nische Freiheit mit hellem Jubel, doch sollte sie sich bald davon über 
zeugen, daß die schönen Reden über die auferstandene Größe des 
alten Rom die wirtschaftliche Zerrüttung und das Elend der Volks 
massen keineswegs zu beseitigen vermochten. So wurde denn der 
Volkstribun schließlich von dem allen Demagogen beschiedenen Lose 
ereilt: dieselbe Menge, die ihn auf den Gipfel der Macht erhoben 
hatte, stürzte ihn von dieser Höhe bald in den tiefsten Abgrund her 
ab. Der Revolutionsheld, der Sohn einer armen römischen Wasser 
trägerin, die in der Nähe der Synagoge ihren Wohnsitz hatte, scheint 
unter den Juden nicht wenige Anhänger gehabt zu haben. So soll bei 
einer von der dem Tribun feindlichen Partei angezettelten Erhebung 
ein ihm ergebener Jude den ganzen Tag hindurch die Sturmglocke 
geläutet haben, um das Volk zur Verteidigung seines Günstlings auf 
zurufen. Dies hinderte jedoch den aus Rom geflüchteten und dann 
als Diktator in die Stadt zurückgekehrten Rienzi nicht, durch die von 
ihm verfügten Requisitionen in erster Linie die Juden zu brand 
schatzen. Als das Volk von Rom Rienzi schließlich ermordete und 
auf Befehl des Patrizierhauses Colonna seine Leiche auf dem Schei 
terhaufen verbrannte, wurden die Juden gezwungen, das Feuer zu 
schüren. Indessen fehlt uns jede Nachricht darüber, daß die italieni 
schen Juden in diesen Jahren, als ihre Brüder in Deutschland wegen 
der angeblichen Schuld am „Schwarzen Tode“ so schwer zu leiden 
hatten (i348—49), in Italien, das von der Seuche gleichfalls heim 
gesucht wurde, irgendwelchen besonderen Verfolgungen ausgesetzt 
gewesen wären. 
Nachdem die Päpste aus ihrer „Gefangenschaft“ in Avignon nach 
der römischen Residenz zurückgekehrt waren, kehrten in die Stadt 
nach und nach wieder geordnetere Zustände ein, doch sollten noch 
etwa fünfzig Jahre vergehen, bis Ruhe und Ordnung endgültig ge 
sichert waren. Die Kirche hatte nämlich vorerst selbst unter dem 
„großen Schisma“ (1878—1417) zu leiden, da jedem der römi 
schen Päpste ein Gegenpapst in Avignon und zuweilen sogar zwei Ri 
valen zugleich in Frankreich oder Spanien gegenüberstanden. In die 
ser ganzen Zeitspanne pflegten die römischen Päpste der jüdischen 
Gemeinde, die durch bei der Kurie hochangesehene Ärzte vertreten 
war, in der Regel weitgehende Protektion zu gewähren. Den bekann 
ten Kanons und Bullen zum Trotz nahmen die römischen Christen
	        
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