Das französische Zentrum und die englische Kolonie
selten vorkomme. Die heikle Frage des jüdischen Wuchers erledigt
der Disputant mit dem Hinweis darauf, daß die Thora den Juden aus
drücklich untersagt hätte, an ihre Stammesgenossen Geld gegen Zin
sen auszuleihen, und daß dies auch in der Tat so streng befolgt werde,
daß sich der Jude sogar davor hüte, Getreide und dergleichen in Vor
aussicht einer Preiserhöhung aufzuspeichern, da schon der Spekula
tionsgewinn als Wucher gelte; allerdings beanspruchten sie Zinsen
beim Geldausleihen an Fremdstämmige, aber auch die Christen ver
führen in der gleichen Weise nicht nur mit den Juden, sondern sogar
mit ihren Glaubensgenossen. Ihr sagt — so argumentiert der Jude
weiter —, daß es unter euch heilige Männer gibt, die sich von allen
irdischen Gütern losgesagt haben, indessen findet man unter Tausen
den kaum einen mit solchem Lebenswandel, während die übrigen im
Schmutze des Lebens versinken; sogar eure Priester und Bischöfe, die
die Keuschheit gelobt haben, geben sich der Unzucht hin, was unter
der jüdischen Geistlichkeit nie denkbar wäre. Noch größere Gewandt
heit legt der Jude in dogmatischem Streit an den Tag. Hatte es denn
— so ruft er aus — der allmächtige, unergründliche Weltschöpfer
nötig, zur Erlösung der Welt von einem Weibe empfangen und ge
boren zu werden, um dann zu sterben? Was bedeutet denn der Auf
schrei Jesu am Kreuze: „Mein Gott, warum hast du mich ver
lassen?“ Hat er denn sich selbst um Hilfe angefleht, da er doch selbst
Gott ist? Wenn er wirklich zur Erlösung der Menschheit von der Erb
sünde Adams und Evas auf die Welt gekommen ist, warum hat er
dann viertausend Jahre lang auf sich warten lassen? Wäre er früher
erschienen, so hätte er ja Hunderte von Generationen beglücken kön
nen, indem er sie von den um der Sünde ihrer Ahnherren willen er
littenen Höllenqualen erlöst hätte. Ihr behauptet, daß die Juden aus
dem Grunde über die ganze Welt zerstreut und zu Leiden verdammt
seien, weil ihre Vorfahren Christus der qualvollen Kreuzigung preis
gegeben hätten; aber ihr seid ja des Glaubens, daß Jesus selbst auf
diese Erde gekommen sei, um die Menschheit durch seine Qualen und
seinen Tod zu erretten: so haben denn unsere Vorfahren nur in sei
nem eigenen Geiste gehandelt oder er als Gott hat ihnen vielmehr
selbst eine solche Handlungsweise eingegeben. Ist es denn gerecht, daß
ihre Nachkommen um dieser Wohltat willen leiden? Der Dialog
schließt mit den folgenden Worten: „Unsere Thora wird mit dem