Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 57. Die Vertreibung aus Portugal (1U98) 
Aufenthalt in Portugal unter der Bedingung zu gestatten, daß sie für 
die Einreiseerlaubnis eine angemessene Gebühr entrichteten (von 8 bis 
ioo Goldcruzado, je nach dem Vermögensstand der einzelnen Ein 
wanderer). Die Befristung der Aufenthaltsbewilligung lag übrigens 
auch im Interesse der im Lande bereits bestehenden jüdischen Ge 
meinden, die allen Grund zu der Befürchtung hatten, daß die über 
mäßige Zuwanderung aus Spanien die portugiesischen Juden in ihrer 
Bewegungsfreiheit einengen und die von der christlichen Umwelt 
gegen sie gehegte Feindseligkeit noch verschärfen würde. Eine län 
gere Aufenthaltsdauer wurde nur den nach dem höchsten Steuersatz 
veranlagten, kapitalkräftigsten Exulanten sowie den dem Staate un 
entbehrlichen Handwerkern, namentlich den Waffenschmieden, be 
willigt. Zugleich verpflichtete sich der König, den Heimatlosen für 
einen mäßigen Entgelt Schiffe zur Fortsetzung ihrer Beise zur Ver 
fügung zu stellen. Dies waren die Bedingungen, unter denen etwa 
iooooo Verbannte die portugiesische Grenze überschritten. Indessen 
sollte ihnen auch diese kurze Atempause bald vergällt werden. 
Der portugiesische König, dessen Gastfreundschaft die Heimat 
losen mit Geld erkaufen mußten, war im Grunde seines Wesens nicht 
viel besser als Ferdinand der Katholische. Obwohl er es nicht ver 
schmähte, die Dienste jüdischer Astronomen und Geographen für 
die von ihm ausgerüsteten Expeditionen in Anspruch zu nehmen, die 
schließlich zur Entdeckung des neuen Seeweges nach Indien führten 
(Vasco da Gama), brachte er den Juden dennoch nichts als Feind 
seligkeit entgegen. Auf die Forderung des Papstes Innocenz VIII. 
hin setzte er sogar eine besondere Inquisitionskommission in seinem 
Reiche ein, die die aus Spanien geflüchteten Marranen ausfindig ma 
chen sollte. Dem von klerikalem Geiste erfüllten König Juan waren 
aber nicht nur die zugereisten, sondern auch die alteingesessenen Ju 
den zur Last. Bald bot sich ihm eine Gelegenheit, die einen wie die 
anderen zu vertreiben. Zu Beginn des Jahres i4g3 brach nämlich 
unter den notleidenden Auswanderern eine Epidemie aus, die Tau 
sende von Opfern verschlang (unter anderen wurde auch Isaak Aboab 
von der Seuche hinweggerafft), und die Portugiesen gaben nun laut 
ihrem Unwillen darüber Ausdruck, daß die Regierung die „von Gott 
Verdammten“ ins Land gelassen hätte. Die Behörden bestanden dar 
auf, daß die Exulanten zur festgesetzten Frist Portugal unbedingt 
verließen und stellten ihnen auf Befehl des Königs auch Schiffe für 
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