Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

3 7 3 
§ 53. Portugal als Zufluchtsstätte der spanischen Juden 
aller Form lossagten, befahl der König, die der Abtrünnigkeit Über 
führten den Gerichten zu übergeben (i4i4). Dies hatte aber nur zur 
Folge, daß die Ankömmlinge ihre Vergangenheit aufs sorgsamste 
verschwiegen, so daß die Opfer des Gewissenszwanges sich auch nach 
der ergangenen Verfügung in Portugal ziemlich sicher fühlten. Als 
katholischer Herrscher sah sich freilich Juan I. von Amts wegen 
verpflichtet, die freiwillige Taufe der Juden nach Möglichkeit zu 
fördern: so verhieß er den Neubekehrten allerlei Vorrechte, wie z. B. 
Befreiung vom Militärdienst und von der Verpflichtung, Pferde für 
die Armee zu stellen (1422); das gleiche Vorrecht genoß später auch 
jeder Christ, der eine Jüdin bekehrt und geehelicht hatte. Auf Ver 
anlassung der Geistlichkeit betonte der König außerdem wiederholt 
in seinen Dekreten, daß das Abzeichen für die Juden obligatorisch 
sei und daß sie von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen bleiben 
müßten; zugleich untersagte er den Infanten, Bischöfen, Grafen und 
Rittern, Juden als Haushofmeister oder Schreiber in ihren Diensten 
zu halten. Wie wenig ernst aber der König solche Vorschriften nahm, 
ist daraus zu ersehen, daß gegen Ende seiner Regierung ihm selbst 
vom Klerus wegen Ernennung jüdischer Hofärzte und Steuerpächter 
und deren Befreiung vom Tragen des „Judenzeichens“ die allerbitter 
sten Vorwürfe gemacht wurden (1427). 
Mehr trug den Wünschen des Klerus sein Nachfolger, der König 
Duarte (i433—1438) Rechnung, obwohl auch er sich in einem 
Punkte einen schweren Verstoß gegen die Kirchenkanons zuschulden 
kommen ließ: er stand nämlich in ärztlicher Behandlung bei dem 
jüdischen Arzt Gedalja ibn Jachja, der zugleich sein Hofastrologe 
war. Während der Vorbereitungen zu der Krönungsfeier hatte dieser 
Astrolog — so berichtet ein Chronist — dem König geraten, die Voll 
ziehung der Zeremonie aufzuschieben, da die Konstellation ungünstig 
sei; der König wies jedoch den Ratschlag des Astrologen mit der Be 
gründung zurück, daß er mehr auf Gott als auf die Sterne vertraue. 
Und doch sollte sich die Weissagung bewahrheiten: die Regierung 
des Duarte war kurz und wenig glückbringend. Der König, der sich 
von den Sternen verlassen sah, beschloß, durch Bedrückung der An 
dersgläubigen wenigstens die Gunst Gottes für sich zu gewinnen, und 
erließ eine Reihe von Dekreten, die auf die Absonderung der Juden 
von den Christen abzielten und den jüdischen wirtschaftlichen Inter 
essen nicht wenig Abbruch taten. So wurde die Handelsfreiheit der
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.