Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

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Der Zusammenbruch des jüdischen Zentrums in Spanien 
i[[2Q auf dem Konzil zu Tortosa, gegen solche „Judaisierende“ ener 
gische Maßnahmen zu ergreifen. Allein neben den „geheimen Juden“, 
die ihre unfreiwillige Abtrünnigkeit mit den größten Seelenqualen 
erkauften, gab es andererseits nicht wenig Konvertiten, die aus ihrer 
neuen Lage den größtmöglichen Vorteil zu ziehen suchten. Im Ge 
nüsse des Vollbürgerrechtes, häuften sie durch ihre Handelstätigkeit 
große Reichtümer an, erwarben herrschaftliche Besitzungen, bekleide 
ten hohe Ämter in der Zivilverwaltung, in der Armee und sogar in 
der Kirche und verschwägerten sich häufig mit den vornehmsten spa 
nischen Familien. Dieser Gruppe eben entstammten solche geschwo 
rene Feinde des Judentums wie Geronimo de Santa-Fe oder Paul 
von Burgos und seine Abkömmlinge. Indessen bildeten sie auch un 
ter den Strebern nur eine seltene Ausnahmeerscheinung, während 
in der Regel auch hier die Verbindung mit den verlassenen Stam 
mesbrüdern Generationen hindurch in der einen oder anderen Weise 
aufrechterhalten wurde, um so mehr als viele dieser assimilierten 
Konvertiten noch immer Verwandte unter den Juden zählten und 
auch ihre Sympathien für das Judentum noch nicht gänzlich er 
loschen waren. So war es nur natürlich, daß in der spanischen Ge 
sellschaft, in der der Einfluß dieser fremdartigen Elemente in ste 
tem Wachsen begriffen war, ein unterschiedslos gegen alle Konver 
titen gerichtetes, mit Angst vermischtes Mißtrauen immer weiter um 
sich zu greifen begann. Geheimer Sympathien für das Judentum 
wurden sogar diejenigen verdächtigt, bei denen jede Spur solcher 
Gefühle schon längst verwischt war. Man witterte überall ein Ränke 
spiel der „inneren Feinde der Kirche“. Den „Neuchristen“ oder „Gon 
versos“ legte man nunmehr den Beinamen Marranen (maranos oder 
marranos) zu, was auf spanisch so viel wie „Verdammte“ oder 
„Schweine“ hieß. Es kam der Augenblick, da man die sich offen 
zu ihrer Religion bekennenden Juden in Ruhe ließ, um mit desto 
größerem Eifer mit den viel „schädlicher“ scheinenden geheimen Ju 
den ins Gericht zu gehen. 
Die Bewegung gegen die Marranen verriet zunächst eher einen 
sozialen und wirtschaftlichen als einen religiösen Charakter. Sie kam 
zuerst in der Hauptstadt Kastiliens, Toledo, im März i449 zum Aus 
bruch. Die Ereignisse verliefen folgendermaßen. Der Kanzler Alvaro 
de Luna forderte von der Stadt für Landesverteidigungszwecke die 
Summe von einer Million Maravedi, stieß aber auf den Widerstand
	        
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