Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Deutschland im XIV. und XV. Jahrhundert 
3x6 
vom Pfund wöchentlich, d. s. 65 Prozent jährlich). Dieser verhältnis 
mäßig noch immer hohe Prozentsatz ist darauf zurückzuführen, daß 
ein bedeutender Teil des Zinsgewinns dazu verwendet werden mußte, 
die Gier der Behörden zu stillen, die überdies das Risiko des Gläubi 
gers durch die Gepflogenheit, den Schuldnern „Tödtbriefe“ zu ver 
leihen, in nicht geringem Maße erhöhten. Im Warenhandel wurden 
den Juden auf Antrieb der christlichen Kaufleute immer neue Ein 
schränkungen auf erlegt; so verbot ihnen der Herzog von Steiermark 
auf die Bitte der Bürgerschaft hin, mit Brot und Wein zu handeln. 
Dagegen gewährten die Herzoge ihren jüdischen Untertanen in deren 
innerem Gemeindeleben gern allerlei Freiheiten, und so erfreuten sich 
die jüdischen Gemeinden Österreichs um jene Zeit einer weitgehenden 
Selbstverwaltung. 
Die jüdische Bevölkerung der österreichischen Länder erfuhr da 
mals einen bedeutenden Zuwachs durch die Zuwanderung aus dem 
benachbarten Ungarn. Auch an den dortigen Juden, die sich seit dem 
XIII. Jahrhundert dank der „Freiheits-Charte“ Belas IV. zu einer 
hohen sozialen Stellung emporgeschwungen hatten, waren die Jahre 
des „Schwarzen Todes“ nicht spurlos vorübergegangen. Im Jahre x349 
wurden sie nach verschiedenen infolge der Seuche ausgebrochenen 
Volksunruhen aus einigen ungarischen Provinzen vertrieben oder ver 
ließen ihre Wohnorte aus eigenem Antrieb. Zwar wurden sie bald 
darauf von dem glaubensschwärmerischen König LudAvig von Anjou, 
der sie zum Christentum zu bekehren hoffte, nach Ungarn zurück 
berufen, als er sich jedoch in seinen Hoffnungen getäuscht sah, zö 
gerte er nicht, sie von neuem zu verbannen (i36o). Die Auswanderer 
fanden in den nahegelegenen Ortschaften Österreichs, der Walachei 
und Polens Zuflucht, kehrten aber später nach und nach in ihre Hei 
mat zurück. Die jüdische Bevölkerung Ungarns konzentrierte sich 
hauptsächlich in Preßburg und in dessen Umgegend. Unter den Kö 
nigen Ludwig und Sigismund wurden die jüdischen Gemeinden einem 
königlichen Beamten mit dem Titel eines „Judenrichters“ unterstellt, 
der offiziell die Juden zu beschützen hatte, in Wirklichkeit jedoch 
nur die Interessen des Fiskus wahrnahm, indem er die jüdische Be 
völkerung, sei es auf gesetzlichem oder auf gesetzwidrigem Wege, 
zugunsten des königlichen Schatzes ausbeutete. Solche Gepflogen 
heiten lagen eben, wie es scheint, im Zuge der auf den „SchAvarzen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.