Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Das spanische Zentrum im XIV. Jahrhundert 
266 
tische und ethische Teil überaus gekürzt erscheint. Der Verfasser 
vermied es gleichsam geflissentlich, an jene Grundprinzipien und Dog 
men der Religion zu rühren, die noch vor kurzem von Orthodoxen 
und Freidenkern so heftig umstritten worden waren. Der Kodex des 
Jakob ben Ascher wurde von vielen Rabbinern als Leitfaden für die 
Praxis aufgenommen und verdrängte nach und nach den Kodex des 
Maimonides. In späterer Zeit wurde das System des „Turim“ die 
Grundlage für das bis auf den heutigen Tag geltende rabbinische Ge 
setzbuch „Schulchan aruch“ sowie für unzählige Untersuchungen 
deutsch-polnischer Rabbiner. 
Andere „Posskim“ befaßten sich um diese Zeit (um die Mitte des 
XIV. Jahrhunderts) mit der Kodifizierung einzelner Rechtspartien. 
So verfaßte ein Schüler des Rosch, Jerucham ben Meschullam aus 
der Provence, zwei Sammelwerke, in deren einem („Mescharim“) die 
zivilrechtlichen, in dem anderen („Adam we’Chava“) die religiös-ritu 
ellen Gesetze des Judentums zur Darstellung gebracht werden. Ein 
anderer Gelehrter, David Abudraham aus Sevilla, stellte alle auf Got 
tesdienst und synagogale Zeremonien überhaupt sich beziehenden Re 
geln zusammen. Den tieferen Sinn der religiösen Gesetzgebung ver 
suchte ein Gelehrter aus Toledo, Menachem ben Serach, zu erfassen, 
derselbe, dessen Eltern und Brüder bei den Judenverfolgungen in 
Navarra den Tod gefunden hatten (oben, § 36). In dem von ihm zu 
sammengestellten Kompendium der religiösen Riten („Zeda la’- 
derech“) ist auch moralisch-dogmatischen Erörterungen ein gewisser 
Platz eingeräumt, doch zeugen sie nur von dem allgemeinen Verfall 
der spekulativen Theologie in jener Epoche. 
Neben den „Posskim“ setzten auch die Kommentatoren ihr frü 
her begonnenes Werk weiter fort. Das zweite und dritte Viertel des 
XIV. Jahrhunderts brachte auf diesem Gebiete eine ganze Phalanx 
überragender Männer hervor. Ritba (Abkürzung von R. Jomtob ben 
Abraham) aus Sevilla war, wie sein Meister Raschba, Verfasser von 
zahlreichen Novellen („Chiduschim“) zu verschiedenen Talmudtrak 
taten. Schemtob Gaon aus Segovia verfaßte einen Kommentar zum 
Kodex des Maimonides unter dem Titel: „Der feste Turm“ („Migdal 
os“); der kriegerisch anmutende Titel geht darauf zurück, daß der 
Verfasser in seinem Werke den Kodex des Maimonides vor den kriti 
schen Ausfällen seines Zeitgenossen Rabed (Band IV, § 49) in Schutz 
nahm. Einen Kommentar zu diesem Kodex („Magid Mischne“) ver
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.