Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 31. Byzanz und Rußland (die Krim) 
bis zum Ausgang des XIII. Jahrhunderts bleibt das Los der byzan 
tinischen Juden in völliges Dunkel gehüllt. 
Um dieselbe Zeit vermochte die Handelsflotte der Republik von 
Genua, deren Flagge auf dem Mittelmeere über ihre venezianische 
Rivalin triumphierte, sich bis zur Meeresküste Südrußlands den Weg 
zu bahnen. Kurz vorher war über das Kiewsche Land sowie über die 
anderen russischen Teilfürstentümer eine furchtbare Katastrophe her 
eingebrochen: die Invasion der Tataren (1287), die Rußland für 
lange Zeit unter ihre Rotmäßigkeit zwangen. Die neue Völkerwande 
rung der Mongolen zeitigte für die jüdischen Kolonien am Schwar 
zen Meere, deren Mittelpunkt die Krim war, tiefgreifende Folgen. 
Der von den Tataren besetzte Küstenstrich wurde bald von Griechen, 
Italienern und Juden aus den benachbarten Balkanländern überflutet. 
Um das Jahr 1260 gelang es den schon längst auf die Beherrschung 
der Schwarzmeerküste ausgehenden Genuesen, von dem Tatarenchan 
die Krimer Küstenstadt Kaffa, das ehemalige Theodossia, käuflich zu 
erwerben und sie bald in eine blühende Handelsrepublik zu verwan 
deln. Die Festigung des politischen und wirtschaftlichen Stützpunktes, 
der Genuesen in Konstantinopel nach dem Falle des lateinischen Kai 
serreichs brachte es mit sich, daß zwischen der byzantinischen Haupt 
stadt und dem „kleinen Konstantinopel“, wie um jene Zeit Kaffa ge 
nannt zu werden pflegte, eine Brücke geschlagen wurde. Die Schwarz 
meerkolonien der Genuesen bildeten den Punkt, wo sich die Wege 
des italienisch-byzantinischen Handels mit denen des asiatischen kreuz-, 
ten, und so lockten diese blühenden Kolonien, wie einst in der Cha- 
sarenzeit, jüdische Kaufleute von Ost und West in Scharen herbei. 
Von dem neu erwachten Leben auf der Nordküste des Schwarzen 
Meeres blieb auch dessen östliche, kaukasische Küste sowie das Kaspi- 
gebiet nicht unberührt. Der reißende Strom der großen mongolischen; 
Völkerwanderung wühlte die alteingesessene kaukasische Judenheit 
bis ins tiefste auf und brachte sie aufs neue mit den Krimer Stam 
mesbrüdern in Verbindung. Ein französischer Reisender, der Mönch, 
Guillaume de Roubrouque, der von Ludwig dem Heiligen im Jahre, 
12 54 mit einem Auftrag zu dem Tatarenchan gesandt worden war, 
bereiste auf dem Rückwege den Kaukasus und traf dort, wie er be 
richtet, in den Städten „viele Juden“ an. Aus Derbent geriet er nach, 
zwei Tagereisen in die an der Küste des Kaspischen Meeres sich er-, 
hebende Stadt Samarok, wo er eine zahlreiche jüdische Bevölkerung
	        
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