Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 28. Süditalien unter den Staufern, Anjous und Aragoniern 
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pflanzt, wo die Stoffärber sowie die Seidenspinner, deren Erzeugnisse 
sich den Weltmarkt erobert hatten, meistens Juden oder Griechen 
waren. So hatten denn auch bereits die normannischen Gebieter Süd 
italiens hier gewinnbringende Färbereien (tinctoria) gegründet, an 
deren Spitze jüdische Fachmänner standen. Friedrich II., der die- Ju 
den als Staatseigentum betrachtete, faßte nun den Plan, das faktisch 
bestehende jüdische Färberei- und Seidenmonopol mit der Staats 
produktion zu verschmelzen. Im Jahre i23i gab er den Befehl, die 
Färbung von Stoffen ausschließlich den von Juden geleiteten Staats 
färbereien von Neapel und Capua in Auftrag zu geben. Dementspre 
chend wurde auch das Staatsmonopol der Produktion und des Ver 
triebs von Seidenwaren geregelt. Die Hauptzentren dieses Gewerbes 
waren der Hafenort Trani und manche andere Städte in Apulien und 
Calabrien. Dank den Erwerbsmöglichkeiten, die sich so den Juden in 
Süditalien und Sizilien in der verarbeitenden Industrie und im Waren 
handel boten, befaßten sie sich hier in viel geringerem Maße als in 
anderen Ländern mit dem Kreditgeschäft. Ein Teil der sizilianischen 
Juden trieb außerdem Landwirtschaft und namentlich Dattelpalmen 
zucht. Eigens zu diesem Zwecke wies Friedrich II. einer Gruppe 
afrikanischer Juden in Palermo einen königlichen Palmenhain zu, 
wie denn der Kaiser überhaupt jüdische Einwanderer gern aufzu 
nehmen und ihnen allerlei Vergünstigungen zu gewähren pflegte. Be 
zeugt ist auch noch, daß der königliche Gutsverwalter in Palermo den 
jüdischen Kolonisten Land zur Kultivierung der Indigo- sowie anderer 
in Afrika heimisch gewordener und den Sizilianern noch unbekannter 
Nutzpflanzen in Pacht gab. 
Freilich war Friedrich ungeachtet der von ihm getragenen sizili 
anischen Königskrone nicht der einzige Herr in den Städten: seine 
Macht wurde ihm von den städtischen Magistraten streitig gemacht, 
die die jüdischen Gemeinden unter ihre Gewalt zu zwingen und deren 
Selbstverwaltung in jeder Weise einzuschränken suchten. Die christ 
liche Stadt wollte das auf ihrem Territorium sich erhebende Juden 
viertel um jeden Preis in ihrer Botmäßigkeit wissen, und so sahen 
sich die Juden mit der fortschreitenden Schwächung der Staatsgewalt 
und dem Aufstieg der mit dieser rivalisierenden Munizipalgewalt einer 
ihnen feindlichen und an ihrer Rechtlosigkeit und wirtschaftlichen 
Rückständigkeit interessierten Macht preisgegeben. An manchen Orten 
waren die Juden außerdem ebenso wie in Deutschland der Jurisdiktion
	        
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