Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 15. Der Rabbinismus in Frankreich und Spanien 
kasuistischer Yerschnörkelungen verloren. Das Werk wurde von einem 
anderen „Pilpulisten“ aus Barcelona, R. Aaron Halevi, in der Schrift 
„Bedek ha’baith“ („Reparierung des Baues“) einer strengen Kritik 
unterzogen, und Raschba sah sich genötigt, eine Gegenkritik zu schrei 
ben, die er nunmehr „Mischmereth ha’baith“ („Zum Schutze des 
Baues“) betitelte. 
Als Mann der Öffentlichkeit hatte Raschba zuweilen auch die von 
feindlicher Seite stammenden Angriffe zu parieren. Kurz nachdem sein 
Meister Ramban mit den Dominikanern mündlich disputiert hatte, 
trat ihnen der Rabbiner von Barcelona mit schriftlichen Argumenten 
entgegen. Um das Jahr 1278 hatte nämlich der in einem Kloster zu 
Barcelona lebende Dominikaner Raimund Martin, Mitglied der Kom 
mission für die Prüfung jüdischer Bücher (oben, § 12), zwei Schrif 
ten verfaßt, die die Titel: „Kappzaum für Juden“ („Capistrum Judae- 
orum“) und „Glaubensschwert gegen Mauren und Juden“ („Pugio 
fidei“) führten. Der Mönch verfolgte hierbei das Ziel, die dogmati 
schen „Verirrungen“ der Juden bloßzustellen sowie den Beweis zu er 
bringen, daß es im Talmud Stellen gäbe, die indirekt die Wahrheit 
des christlichen Glaubens bestätigten (so z. B. den haggadischen Aus 
spruch, daß im messianischen Zeitalter das alte Gesetz außer Kraft 
treten werde). Sogar in dem erzjüdischen Glaubensbekenntnis des 
Monotheismus: „Höre, Israel, Gott ist einzig!“ glaubte der übereifrige 
Mönch einen Hinweis auf das Dreieinigkeitsdogma entdecken zu kön 
nen. Es scheint, daß Martin die von seinem Ordensbruder Paulus 
Christiani begonnene Missionspropaganda von neuem anzufachen ge 
dachte. Raschba fand es nun für geboten, die Sophisterei des Martin 
in einem Traktat zu widerlegen, der indessen in einem sehr zurück 
haltenden Tone abgefaßt ist. Die für Ramban so traurigen Folgen 
der Disputation in Barcelona veranlaßten, wie es scheint, seinen Jün 
ger, bei der Polemik Vorsicht walten zu lassen. Mit größerem Frei 
mut äußert sich Raschba in einer anderen, gegen die Schrift eines 
muselmanischen Rationalisten gerichteten Apologie (wohl gegen den 
berühmten Traktat „Religion und Sekten“ eines Theologen des XI. 
Jahrhunderts, Ibn Hazm aus Gordova), der die Tatsache der Sinai 
offenbarung und den göttlichen Ursprung der Mosesgesetze in Ab 
rede gestellt hatte. In diesem Falle brauchte sich der jüdische Apo 
loget vor keiner Zensur zu fürchten, vielmehr durfte er in seinem 
Kampfe gegen das Freidenkertum sogar auf gewisse Sympathien im 
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