Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 1h. Die Maimonisten und ihre Gegner 
wollen, zu den Dominikanern von Montpellier und sprachen zu ihnen: 
„Wisset, daß es in unserer Stadt viele Ketzer und Gottlose gibt, die 
sich durch die Lehre des Moses aus Ägypten (Maimonides), des Ver 
fassers ruchloser philosophischer Bücher, verführen ließen. Vertilget 
ihr eure Ketzer, so vertilget mit ihnen auch die unseren und verbren 
net die schädlichen Bücher“. Zugleich legten sie den Mönchen Aus 
züge aus den Werken des Maimonides vor, bei deren Lektüre den ge 
schworenen Feinden der Gedankenfreiheit wohl die Haare zu Berge 
gestiegen sein mußten. Darauf wurde dem von dem Papst zur Anlei 
tung der Ketzerrichter nach Südfrankreich entsandten Kardinal-Lega 
ten über die ganze Sache ausführlicher Bericht erstattet. Der Kardi 
nal, der die Befürchtung hegte, daß die Ansichten des jüdischen Phi 
losophen sich auch unter den Christen verbreiten könnten (war doch 
der „Führer“ bereits ins Lateinische übersetzt), traf hierauf die Ver 
fügung, daß die von den Rabbinern angezeigten Bücher des Maimoni 
des den Flammen preisgegeben werden sollten. So wurden denn die 
jüdischen Häuser in Montpellier nach Abschriften des „Führers“ und 
des „Buches der Erkenntnis“ durchsucht und die Vorgefundenen 
Exemplare öffentlich verbrannt (Ende des Jahres 1233). Überdies 
verfielen die geächteten Bücher auf kirchlichen Befehl dem gleichen 
Los auch in Paris, wobei, wie erzählt wird, zur Entzündung des Schei 
terhaufens eine aus einer katholischen Kirche herbeigebrachte Altar 
kerze verwendet wurde. 
Dieses verräterische Bündnis der Fanatiker der Synagoge mit de 
nen der Kirche, den erbitterten Verfolgern des Judentums, rief in 
den Gemeinden der Provence und Spaniens helle Entrüstung hervor. 
Sogar die gemäßigte Partei rückte nunmehr von Salomo und seinem 
Anhang als von niedrigen Denunzianten entschieden ab. Die übereifri 
gen Dunkelmänner wurden in einer Reihe geharnischter Sendschrei 
ben mit Flüchen überhäuft. Der Schriftsteller Abraham ben Chisdai 
aus Barcelona, der Übersetzer eines arabischen didaktischen Werkes: 
„Der Prinz und der Derwisch“ („Ben ha’melech we’ha’nasir“), ver 
sandte ein Rundschreiben an die Gemeinden Spaniens, in dem er sei 
ner Entrüstung über die Verfolger des schöpferischen Denkens freie 
sten Lauf ließ. Ramban und Meir Abulafia, durch die Handlungs 
weise der Fanatiker beschämt, wahrten tiefstes Schweigen. Alfachar 
war der einzige, der, in Erwiderung der von David Kimchi erhobenen 
8 Dubnow, Weltgeschichte des jüdischen Volkes, Bd. V
	        
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