Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 13. Die aragonischen Gemeinden (1276—1291) 
seitigen Beziehungen zwischen der obersten Gewalt und den Juden 
von dem Prinzip des „do ut des“ beherrscht. Pedro und Alfons gin 
gen ihre „getreuen jüdischen Aljamas“ unaufhörlich um finanziellen 
Beistand an. Neben reichlichen Vorschüssen auf Rechnung der in Zu 
kunft fälligen Steuern forderten König und Infant nicht selten finan 
zielle Hilfe für besondere Verwendungszwecke. So sah sich Pedro III. 
genötigt, zur Ausrüstung einer Strafexpedition gegen einen aufrühre 
rischen Grafen die Aljamas von Katalonien um eine Unterstützung in 
Höhe von iooooo Soldi anzugehen (1282). Die Zusammenkunft mit 
dem „ruhmreichen König von England“ veranlaßte Alfons III., „die 
jenigen unter seinen Untertanen, die den Befehlen ihres Königs stets 
bereitwilligst Folge leisten“, zu finanzieller Hilfeleistung heranzu 
ziehen und mehreren Gemeinden außerordentliche Abgaben aufzuer 
legen (1287). Nicht wenig Geld kostete die aragonischen Juden auch 
die Eroberung von Sizilien, in dessen endgültigen Besitz sich Pedro 
nach der „Sizilianischen Vesper“ im Jahre 1282 gesetzt hatte 1 ); für 
die dortigen Juden bedeutete freilich die Herrschaft der aragonischen 
Könige nach den blutigen Wirren, von denen der Kampf der letzten 
Hohenstaufen mit denAnjou’s begleitet war, eine ersehnte Ruhepause. 
Die Selbstverwaltung der jüdischen Gemeinden von Aragonien, 
Katalonien und Valencia erfuhr gegen Ende des XIII. Jahrhunderts 
eine bedeutende Erweiterung. Die von dem König zwecks Verteilung 
der Steuerlasten einberufenen Konferenzen der Gemeindevertreter 
wurden nach und nach zu regulären Kongressen, auf denen auch all 
gemeine Fragen der Selbstverwaltung zur Verhandlung kamen. Die 
amtlichen Urkunden sowie die rabbinischen Responsen jener Zeit wer 
fen einiges Licht auf die damalige Gemeindeverfassung. Der aus den 
„erlesensten Männern“ erwählte Gemeinderat ernannte alljährlich aus 
seiner Mitte eine Verwaltung, deren Mitglieder hebräisch „Berurim“ 
(Erwählte) oder „Neemanim“ (Bevollmächtigte) genannt wurden, was 
den spanischen Bezeichnungen „Adelantados“ und „Sekretarii“ ent 
sprach. Unter den Verwaltungsmitgliedern unterschied man je nach 
1 ) Aus den königlichen Akten ist zu ersehen, daß im Jahre 12 85 alle Ein 
künfte der Juden mit einer Steuer in Höhe von zwölf einhalb Prozent zugunsten 
des Königs Pedro III. belastet waren. Infolge der übermäßigen Steuerlast waren 
die Gemeinden dermaßen verarmt, daß sie sich genötigt sahen, bei Christen hoch 
verzinsliche Anleihen aufzunehmen. Der damalige Rabbiner von Barcelona, Raschba, 
schrieb, daß „nicht selten auch die Ernte der ertragreichsten Äcker zur Auf 
bringung der königlichen Steuern nicht ausreiche“. 
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