Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

§ 7. Die Herrschaft der Kirchenkonzile in Spanien 
teilnehmenden Bischöfe mit heller Begeisterung und veranlaßte sie, 
den König mit dem Titel „der Allerchristlichste“ (christinissimus 
princeps) zu belohnen. Es wurde einstimmig der Beschluß gefaßt, 
daß künftighin jeder König in seinen bei der Thronbesteigung zu 
leistenden Eidschwur das Gelöbnis miteinschließen solle, er werde 
alle gegen das Judentum gerichteten Kirchenkanons treu befolgen; 
im Falle des Eidbruches sollte er aber dem Bannflüche verfallen und 
zu ewigen Höllenqualen verdammt sein. Zum Schluß bestätigte das 
Konzil aufs neue die ganze, schon auf dem vierten Konzil von To 
ledo gutgeheißene antijüdische Verfassung. 
Die neuen, von dem Konzil gemeinsam mit dem König gefaßten 
Beschlüsse brachten die getauften Juden an den Rand der Verzweif 
lung. So entschloß sich denn eine Gruppe von Täuflingen, die jede 
Hoffnung auf eine Rückkehr zum Judentum aufgegeben hatten, sich 
die Ruhe durch neue Heuchelei zu erkaufen. Sie unterbreiteten 
dem König und den Bischöfen eine formelle Erklärung, in der 
sie in feierlichster Weise gelobten, fortan gute Christen zu sein. In 
diesem Bußschreiben (placitum) gaben sich die Täuflinge zu den 
folgenden Beteuerungen her: sie glaubten — so versicherten sie — 
an den Einen Gott und an die heilige Dreieinigkeit, und wiewohl sie 
vor kurzem wieder auf Irrwege geraten wären, bekennten sie sich 
nunmehr zu Jesu Christo als zu dem von dem Gesetz und den Pro 
pheten verkündeten Erlöser; sie würden von nun ab, nachdem sie sich 
von den Umstrickungen des Teufels befreit hätten, den kirchlichen 
Gesetzen und Regeln in jeder Weise Folge leisten; die Bräuche und 
der Aberglaube der Juden, wie der Sabbat und die Beschneidung, 
gälten ihnen als verwerflich und die Synagoge als verabscheuungs^ 
würdig, so daß sie fortan in engster Gemeinschaft und auch in Tisch 
genossenschaft mit den Christen leben wollten, wobei sie nur den Ge 
nuß der ihnen nicht aus religiösem Vorurteil, sondern lediglich aus 
natürlicher Abneigung widerwärtigen Speisen vermeiden würden; mit 
den Juden würden sie keinerlei Verkehr pflegen und auch keine ehe 
lichen Verbindungen mit ihnen eingehen; sie seien bereit, alle jüdi 
schen Schriften von der Art der „Deuterosis“ (Mischna und Talmud) 
und der Apokryphen dem Konzil vorzulegen; endlich solle jeder, dem 
eine Mißachtung dieses Gelöbnisses nachgewiesen werden würde, von 
ihnen selbst gesteinigt oder aber den königlichen Beamten, Richtern 
oder Bischöfen ausgeliefert werden. 
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