Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

Anhang 
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Mansi, Sacrorum Conciliorum Collectio, und systematisiert in der „Con- 
ciliengeschichte“ von Hefele, Band I—VII, 1873 u. f.) sowie die christ 
lichen Chroniken, Briefe und sonstigen Urkunden, die vor allem in den 
„Monumenta Germaniae Historica“ zu finden sind (z. B. „Variae“ des 
Cassiodorus, Sendschreiben des Papstes Gregor I., „Historia Francorum“ 
des Bischofs Gregor von Tours u. dgl. m.). Haben sich doch in der jü 
dischen Literatur aus jener Zeit nicht einmal Nachrichten über das tra 
gische Los der großen jüdischen Kolonie im westgotischen Spanien er 
halten. Alles, was uns über die Schicksale dieser Kolonie unter den ariani- 
schen und den ihnen folgenden katholischen Königen bekannt ist, verdat 
ken wir ausschließlich allgemeinen rechtsgeschichtlichen Quellen: dem 
römisch-westgotischen Gesetzbuch (Lex Romana Visigothorum, ed. Hänel 
1847) un d dem in Spanien selbst entstandenen zivil- und kirchenrecht 
lichen Kodex (Leges Visigothorum, kritische Ausgabe von Zeumer, Band I 
der Folge „Legum“ in Monumenta Germaniae Historica, Berl. 1902) *). 
Sogar über die Seelenverfassung der spanischen Juden in jener düsteren 
Epoche erfahren wir nur aus den polemischen Schriften „Contra Ju 
daeos“, die von ihren Widersachern von der Art der Bischöfe Isidorus 
von Sevilla und Julian von Toledo herrühren (in „Patrologia Latina“, 
s. Bibliographie zu §§ 6—8). Daß sich keine einzige jüdische Feder ge 
funden hat, um wenigstens die bedeutsamsten Geschehnisse der Koloni 
sierungsperiode festzuhalten, ist ein Beweis dafür, daß die geistige Kul 
tur in den künftigen westlichen Diasporazentren um diese Zeit noch in 
den ersten Anfängen steckte. 
II. Auch bei der Darstellung des ersten Abschnitts der Organisierungs 
periode sind wir einzig und allein auf die von den christlichen Quellen 
vermittelten einseitigen Nachrichten angewiesen. So unterrichten uns über 
die Lage der Juden in dem Reiche Karls des Großen vor allem die antijüdi 
schen Schriften der französischen Kirchenväter Agobard und Amulo (Patr. 
lat. t. GIV u. GXVI). Gegen Ende dieser Epoche werden indessen auch 
schon jüdische Stimmen laut. Das Leben der beiderseits des Rheins, an 
seinem deutschen und französischen Ufer, üppig erblühten jüdischen 
Gemeinden tritt uns nämlich in verschwommenen Umrissen sowohl in 
den frühesten Werken der rabbinischen Literatur der Epoche des R. Ger- 
schom, des Raschi und der „Weisen von Lothringen“ als auch in den der 
gleichen Zeit entstammenden synagogalen Elegien entgegen. Die gegen 
Ende des XIX. Jahrhunderts entdeckte Schrift „Megillath Achimaaz“ (s. 
Bibliographie zu § 19) verbreitet überdies einiges Licht auch über das 
Leben der Juden in Süditalien in jenen Jahrhunderten, als dort byzanti 
nische, arabische und normannische Herrscher um die Macht stritten. Ein 
historiographisches Problem für sich bildet das arabische Spanien. Über 
t) Der bekannte Forscher Juster bietet in seiner Monographie: „La condition 
legale des juifs sous les rois Visigoths“ (Paris 1912, extrait des „Etudes d’histoire 
juridique“, herausg. von Girard) einen neuen geschichtlichen Kommentar zu der 
die Juden betreffenden Westgotischen Gesetzgebung.
	        
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