Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

Alte und neue Kolonien 
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so daß dort zur Zeit weder Juden noch Angehörige anderer Nationen 
anzutreffen sind. Von hier sind es nur noch anderthalb Tagereisen 
bis nach Tarent, das schon in der Provinz Calabrien liegt. Die große 
Stadt ist von Griechen bewohnt, in deren Mitte jedoch auch etwaj 
dreihundert Juden leben. An der Spitze der Gemeinde stehen die 
Gelehrten: Rabbi Mali, Rabbi Nathan und Rabbi Israel. Nach einer 
weiteren Tagereise sieht man sich in der Hafenstadt Brindisi, wo etwa 
zehn Juden, die als Färber tätig sind, ihren Wohnsitz haben. Scheut 
man nicht die Mühe von zwei weiteren Tagereisen, so erreicht man 
das an der Küste des Griechischen Meeres gelegene Otranto; an der 
Spitze der dortigen, etwa fünfhundert * Juden zählenden Gemeinde 
stehen Rabbi Menachem, Rabbi Kaleb, Rabbi Meir und Rabi Mali 
Von dort kommt man auf dem Wasserwege in zwei Tagen nach der 
Insel Korfu, wo nur ein einziger Jude namens Joseph ansässig ist 
Hier ist das Königreich Sizilien zu Ende“. 
I Auf seinem Wege nach dem Orient, der den jüdischen Reisenden 
von der süditalienischen Küste aus direkt nach Byzanz führte, be 
rührte er zunächst die Insel Sizilien nicht und besuchte sie erst auf 
seinem vom ägyptischen Alexandrien aus nach Europa eingeschlage 
nen Rückwege. Er weilte hier in den zwei großen Städten Messina 
und Palermo. In Messina, dessen Hafen von den nach Jerusalem 
ziehenden Wallfahrern gleichfalls häufig benutzt zu werden pflegte, 
fand Benjamin eine zweihundert Familien umfassende jüdische Ge 
meinde vor, während er in der Inselhauptstadt Palermo die größte 
aller von ihm in Italien besuchten jüdischen Gemeinden kennen 1 
lernte, die nicht weniger als fünfzehnhundert Mitglieder zählte. Die 
mitten in einer getreide- und obstreichen Gegend gelegene, von „Edo- 
mitern und Ismaelitern“ (Christen und Muselmanen) dicht bevöl 
kerte Stadt mit ihren prächtigen Palästen der normannischen Herr 
scher, ihren Fischteichen und sonstigen Sehenswürdigkeiten machte 
auf den jüdischen Reisenden den stärksten Eindruck. Indessen be 
standen auf der Insel jüdische Gemeinden um jene Zeit nicht allein 
in den zwei von Benjamin besuchten Hafenstädten, sondern, wie aus 
den damaligen amtlichen Urkunden zu ersehen ist, auch in manch 
anderer sizilianischen Stadt, so in Syrakus, in Trapani, in Marsala, 
in Catania. 
Unter der Normannenherrschaft galten die Juden ebenso wie die 
von ihnen bewohnten Viertel („Judeca“), wie schon erwähnt, als
	        
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