Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

und mit dem Reiche Justinians zu vereinigen (555). Während dieser 
unaufhörlich wütenden Kriege, die das blühende Land in eine öde 
Wüste verwandelten, mußten die Juden nicht wenig Unheil erdulden 
und konnten auch in der Zukunft, unter dem Joche der siegreichen 
Byzantiner, nichts Gutes für sich erhoffen. 
Zum Glück für die Juden wurde indessen ein Teil Italiens, wo 
sich bedeutende jüdische Kolonien befanden, der byzantinischen Herr 
schaft bald durch neue Eroberer, durch den „barbarischen“ Ger 
manenstamm der Langobarden, entrissen. Nachdem der Langobarden 
könig Alboin (568—572) sich Pavias und Mailands bemächtigt hatte, 
blieb die Herrschaft dieses Stammes zwei Jahrhunderte lang in Nord 
italien, dessen späterer Name „Lombardei“ von eben diesen Erobe 
rern stammt, unerschüttert. Die hier gelegenen jüdischen Ge 
meinden scheinen unter der Gewalt der Langobarden, die sich zu 
nächst zum Arianismus bekannten und sich erst später zum Katholi 
zismus bekehrten, keinem besonderen Drucke ausgesetzt gewesen zu 
sein; in den Gesetzen der Langobarden fehlen jedenfalls jegliche die 
Juden betreffenden Sonderbestimmungen. Es haben sich nur verwor 
rene Nachrichten über gewaltsame Juden taufen erhalten, die um die 
Mitte des VII. Jahrhunderts unter zwei verschiedenen Langobarden 
herrschern in den Bezirken von Pavia und Mailand erfolgt sein sol 
len, wobei die sich dem Zwange Widersetzenden den Tod erlitten 
hätten. Im Gegensatz zu Oberitalien blieben Mittel- und Süditalien 
nach wie vor der Krone der byzantinischen Kaiser erhalten, deren 
Herrschaft in diesen Provinzen durch einen Statthalter, den in Ra 
venna residierenden Exarchen, repräsentiert wurde (Exarchat von Ra 
venna); indessen gelangte auch hier die für Konstantinopel so be 
zeichnende Politik nicht zu einer völlig ungehemmten Entfaltung, da 
sich die Byzantiner in diesen Gebieten genötigt sahen, ihre Macht mit 
den Spitzen der katholischen Geistlichkeit zu teilen, namentlich aber 
mit den römischen Bischöfen, den Päpsten, die um diese Zeit in der 
Staatsverwaltung hohen Einfluß gewannen. 
Nur langsam, aber mit um so größerer Sicherheit befestigte sich 
nunmehr an der Stelle des ehedem kaiserlichen Rom das kirchliche 
Rom, an Stelle des Caesarismus der Papismus. Nach den langen Jah 
ren der Zersplitterung Italiens und der Gewaltherrschaft der ein 
ander ablösenden fremden Machthaber wurde nämlich die Sehnsucht 
nach einer einheitlichen, allgemein anerkannten und über den irdi-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.