Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

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§ 37. Die Folgen der Kreuzzüge in Deutschland 
Frau auf der Folterbank zur Taufe zu zwingen, doch blieb sie un 
beugsam, und so wurde sie bei lebendigem Leibe begraben. Alle diese 
Untaten wurden mit Wissen des dortigen Erzbischofs verübt. Dieser 
musterhafte Kirchenfürst legte der jüdischen Gemeinde von Neuß 
auch noch seinerseits eine Geldbuße auf und erpreßte von ihr außer 
dem eine bedeutende Summe für die Erlaubnis, die Leichen der Mär 
tyrer zu bestatten. Nunmehr wurden die Hingerichteten von den Rä 
dern gelöst, den Rhein hinunter nach Xanten überführt und dort 
neben den Gräbern der Märtyrer des Jahres 1096 zur letzten Ruhe 
gebracht. 
Mitten im unheilvollen Waffengeklirr der Zeit der Kreuzzüge tritt 
zuerst die jüdische Siedlung im Herzogtum Österreich hervor, das da 
mals die Ostmark des deutschen Reiches bildete. Der erste und zweite 
Kreuzzug trieben nicht wenige jüdische Auswanderer aus den Rhein 
landen auch nach Österreich, wo es um jene Zeit noch ziemlich ruhig 
war. Im letzten Viertel des XII. Jahrhunderts bestand bereits in Wien 
eine jüdische Gemeinde. Am Hofe des Herzogs Leopold V. (bis 1194) 
war ein reicher Jude namens Schliom (Salomo) als Münzmeister und 
Verwalter der herzoglichen Güter angestellt. Seine hohe Stellung ver 
mochte jedoch den tüchtigen Finanzier und edlen Menschenfreund 
vor den Gewalttaten des zügellosen Pöbels nicht zu retten. Als man 
sich in Wien zum vierten Kreuzzuge rüstete (1196), glaubte ein in 
die Reihen der Kreuzfahrer getretener Diener des Schliom seinen 
Herrn nach Herzenslust bestehlen zu dürfen, wurde aber von diesem 
ertappt und gefangengesetzt Die Frau des Verhafteten schlug jedoch 
in der von Kreuzfahrern gefüllten Kirche Alarm und rief sie zur 
Refreiung ihres Kriegskameraden auf. Hierauf brach eine Schar von 
Kreuzfahrern in das Haus des Schliom ein, erschlug ihn und noch 
fünfzehn andere Juden und befreite den diebischen Diener. Der Her 
zog Friedrich I. (der Nachfolger Leopolds V.) befahl, zwei von den 
Rädelsführern zur Strafe für ihre Eigenmächtigkeit hinzurichten, ließ 
indessen die übrigen laufen, da er die Kreuzfahrer, die er selbst für 
den Kreuzzug angeworben hatte, nicht gegen sich aufbringen wollte. 
Resonders schmerzvoll waren die Folgen der Kreuzzüge im XII. 
Jahrhundert für die in dem an Deutschland grenzenden slawischen 
Böhmen lebenden Juden. Schon die Katastrophe der Jahre 1096 bis 
1098 ging an ihnen nicht spurlos vorüber, ßis dahin wiesen Prag, 
Wyschehrad und einige andere Städte jüdische Gemeinden auf, zu
	        
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