Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

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§ 37. Die Folgen der Kreuzzüge in Deutschland 
Urkunde erklärt es Friedrich I. als seine Pflicht, für den Schutz der 
Rechte aller seiner Untertanen, nicht allein der „sich zum christlichen 
Glauben bekennenden“, Sorge zu tragen, insonderheit aber der „in un 
serem Reiche lebenden Juden, die kraft der Prärogative unserer Würde 
als der kaiserlichen Hofkammer angehörend gelten“ (ad imperialem 
cameram dinoscuntur pertinere). Auf Grund dieses Regals räumt der 
Kaiser den Regensburger Juden die uneingeschränkte Freiheit ein, 
mit Metall und anderen Waren Handel zu treiben, und zwar „gemäß 
den bei ihnen üblichen Bräuchen“. Der amtlichen Sprache jener Zeit 
gelten die Juden zwar noch nicht als Hörige des kaiserlichen Hofes, 
als „Kammerknechte“, wie man sie später zu nennen pflegte, doch 
kommt in ihr bereits mit aller Deutlichkeit ihre rechtliche Ausnahme 
stellung zum Ausdruck. Die Juden standen nicht unter dem Schutze 
des allgemein gültigen Rechts, sondern unter dem spezieller Privi 
legiert sowie unter der höchstpersönlichen Protektion des Kaisers. 
Jeder, der auf Leben oder Eigentum eines Juden einen Anschlag ver 
übte, vergriff sich zugleich am kaiserlichen Besitz und hatte sich da 
her nicht vor dem allgemeinen Landgericht, sondern vor dem Hof 
gericht zu verantworten. Für die ihnen zuteil gewordene Ehre des 
Hofschutzes mußten die Juden dem Kaiser sowohl regelmäßige 
Schutzabgaben wie auch verschiedene, nicht selten überaus schwer la 
stende außerordentliche Steuern entrichten. Daneben hatten sie auch 
noch allerlei Leistungen zugunsten jener Feudalfürsten und Stadt 
magistrate aufzubringen, in deren unmittelbarem Herrschaftsbereiche 
sie lebten; schließlich waren sie an manchen Orten mit einem Zehnten 
vom Werte ihres unbeweglichen Besitzes zugunsten der Kirche be 
lastet. 
Im großen und ganzen kamen die deutschen Kaiser im XII. Jahr 
hundert ihren schutzherrlichen Pflichten gegenüber den Juden ge 
wissenhaft nach, was in jener Zeit der auf dem Boden des christlichen 
Aberglaubens erwachsenen Verleumdungen und der judenfeindlichen 
Exzesse von allergrößter Wichtigkeit war. Unter dem Nachfolger 
Friedrichs I., Heinrich VI., kam es einst zu folgendem Vorfall. Kurz 
vor Passah des Jahres 1195 fand man drei Meilen weit von Speyer 
den Leichnam einer Christin, und die abergläubischen Stadtbewohner 
zögerten nicht, die Schuld an der Mordtat den Juden zuzuschieben. 
Zur Sühne für das angebliche Verbrechen gruben die Christen die 
Leiche der Tochter des Rabbiners Isaak ben Ascher aus, hängten sie
	        
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