Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

§ 37. Die Folgen der Kreuzzüge in Deutschland 
kerung von London aufgebracht hatte. Nach der Rückkehr Richards 
wurde die Erpressungspolitik vollends zum System erhoben. Alle von 
den Juden abgeschlossenen Finanz- und Kreditgeschäfte unterstanden 
der Kontrolle besonderer Beamten und waren, wie schon unter Hein 
rich I., mit einer bestimmten Quote ihres Wertes zugunsten des kö 
niglichen Schatzes belastet. Dieses System sollte später überaus trau 
rige Folgen zeitigen. So traten denn die englischen Juden seit dem 
dritten Kreuzzug denselben Leidensweg an, auf dem ihnen ihre Brü 
der auf dem Festlande schon längst vorangegangen waren. 
§ 37. Die Folgen der Kreuzzüge in Deutschland 
Der von dem ersten Kreuzzuge entfesselte Sturm brach, wie wir 
bereits wissen, mit seiner größten Wucht über die Juden Deutsch 
lands herein. Kaiser Heinrich IV., der während der Schreckenszeit in 
Italien weilte, vermochte erst dann hilfreich einzugreifen, als die be 
deutendsten Gemeinden am Rhein schon der Zerstörung anheimge 
fallen waren. Zwar besaß er nicht die Macht, den Ermordeten und 
zu Tode Gemarterten das Leben zurückzugeben, doch rettete er viele 
vor dem geistigen Untergang, indem er Tausenden und. Abertausen 
den von gewaltsam Getauften gestattete, zu ihrem angestammten Glau 
ben zurückzukehren. Gegen die Gefahren des zweiten Kreuzzuges wa 
ren die Juden und ihre Beschützer schon viel besser gerüstet: die 
Mehrzahl der rheinländischen Juden blieb hinter den Mauern der kai 
serlichen und lehensherrlichen Burgen unversehrt. Zur Zeit des dritten 
Kreuzzuges schließlich, an dem der deutsche Kaiser Friedrich I. Bar 
barossa (1152—1190) selbst in unmittelbarster Weise beteiligt war, 
war die Staatsgewalt bereits so sehr erstarkt, daß von eigenmächtigen 
Ausschreitungen gegen die Juden überhaupt keine Rede mehr sein 
konnte. 
Dies sind die Worte, mit denen ein Chronist (Ephraim ben Jakob 
aus Bonn), der in seiner Jugend die Greuel des zweiten Kreuz 
zuges aus seinem Versteck in der Feste Wolkenburg unmittelbar 
beobachten konnte und auch den dritten Kreuzzug noch miterlebte, 
die Lage der Juden in den Jahren 1187—1189 zu schildern weiß: 
„Als sich die Kunde (von der Einnahme Jerusalems durch Saladin) 
im ganzen edomitischen Lande (in Deutschland) unter dem Volke des 
Jesus verbreitet hatte, erhoben sie sich (die Christen) gegen das Volk
	        
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