Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

§ 33. Der erste Kreuzzug 
plündert, sondern auch kurzerhand niedergemacht oder aber durch 
Drohungen und Gewalttaten zur Taufe gezwungen. „Es erhob sich — 
so berichtet ein zeitgenössischer jüdischer Chronist — ein wildes, un 
gestümes, unerbittliches Volk, ein Gemisch von Franzosen und Deut 
schen, und beschloß, nach der Heiligen Stadt zu ziehen, um die ein 
geborenen Ismaeliten (Muselmanen) von dort zu vertreiben. Jeder, 
der die Absicht hatte, dorthin zu ziehen, befestigte an seiner Kleidung 
das Zeichen des Kreuzes, und es versammelte sich solchen Volkes eine 
unzählige Menge: Männer, Frauen und Kinder. Durch Städte mit 
jüdischer Bevölkerung ziehend, sprachen sie (die Kreuzfahrer) zuein 
ander: ,Nun brechen wir auf, um an den Ismaeliten Rache zu neh 
men, aber schon hier stoßen wir auf den Juden, dessen Vorfahren 
unseren Heiland gekreuzigt haben: rächen wir uns also vor allem an 
ihnen! Möge der Name Israels vertilgt werden, wenn sie uns nicht 
gleich werden und den Messias Jesus nicht anerkennen wollen 4 “. 
Auch in Frankreich war die jüdische Bevölkerung schon einer der 
ersten auf gebotenen Kreuzfahrerscharen zum Opfer gefallen: in der 
Stadt Rouen schleppte man die Juden zur Kirche und verlangte von 
ihnen, daß sie sich taufen lassen; diejenigen, die ihrem Glauben nicht 
untreu werden wollten, wurden auf der Stelle niedergemacht. Die von 
großer Unruhe ergriffenen französischen Juden beeilten sich, ihre 
Stammesgenossen am Rhein von der drohenden Gefahr zu benach 
richtigen. Als die Gemeinde von Mainz das Sendschreiben erhielt, rief 
sie ihre Mitglieder zum Fasten und Beten in den Synagogen auf, und 
ihrem Beispiel folgten auch die anderen benachbarten Gemeinden. 
In ihrer Antwort teilten die Juden von Mainz ihren französischen 
Brüdern mit, daß es in der Rheingegend einstweilen noch ruhig zu 
gehe. Bald ergoß sich jedoch eine Kreuzfahrerflut aus Frankreich, 
wo die Juden, abgesehen von Rouen, nirgends zu Schaden gekommen 
waren, auch in die Rheinprovinzen, um unter den deutschen Juden 
die schlimmsten Verwüstungen anzurichten. Ein besorgniserregendes 
Gerücht kam in Lothringen in Umlauf: man raunte sich zu, der dor 
tige Herzog Gottfried von Bouillon, einer der Hauptorganisatoren des 
Kreuzzuges, hätte den Schwur getan, nicht eher aufzubrechen, bis er 
an den Juden den Tod Christi gehörig gerächt hätte, bis „kein ein 
ziger Träger des jüdischen Namens mehr am Leben bleiben würde 44 . 
Das Haupt der jüdischen Gemeinde von Mainz, Rabbi Kalonymos, 
entsandte darauf zu dem in Italien sich aufhaltenden Kaiser Hein
	        
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