Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

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§ 3. Italien unter den Ostgoten und Langobarden 
gingen numehr daran, die heidnischen Tempel zu schließen, zer 
störten die Altäre und die Standbilder; fanatische Bischöfe und 
Mönche hetzten die Menge durch ihre Predigten in gleicher Weise 
gegen „Ketzer, Heiden und Juden“ auf. So kam es, daß während des 
von dem Usurpator Maxim gegen den Kaiser Theodosius geführten 
Kampfes eine Rotte von Christen eine der römischen Synagogen der 
Zerstörung preisgab (um 387); zwar gab Maxim Befehl, die An 
stifter der Judenhetze vor ein Gericht zu stellen und die zerstörte 
Synagoge wieder aufzubauen, als er aber bald darauf im Kriege 
gegen Theodosius den Tod fand, versuchte man dem Volke einzu 
reden, der christliche Gott hätte so dem Beschützer der Juden nach 
Gebühr heimgezahlt. Auch Kaiser Theodosius selbst mußte bekannt 
lich, dem Drängen der „Kirchenväter“ von der Art des Mailänder 
Bischofs Ambrosius nachgebend, die Strenge des gegen die Syna 
gogenzerstörer gerichteten Gesetzes bedeutend mildern (Band III, 
§34). Die im Jahre 3g5 erfolgte Aufteilung des römischen Reiches 
unter die Söhne des Theodosius machte zwar Italien und die west 
liche Reichshälfte von Byzanz politisch unabhängig, doch wurden die 
gegen die Juden gerichteten Unterdrückungsgesetze vorerst von den 
Kaisern in den beiden Reichshälften in vollem Einvernehmen und 
gemeinsam erlassen. 
Schon in den ersten Jahren seiner Regierung versuchte der west 
römische Kaiser Honorius die Selbstverwaltung der jüdischen Ge 
meinden einzuschränken und erließ zu diesem Behufe gemeinsam 
mit dem östlichen Kaiser Arcadius das bekannte Dekret, kraft dessen 
den Juden ihre autonome Gerichtsbarkeit genommen wurde und sie 
ihre Rechtsstreitigkeiten fortan vor den staatlichen Gerichtsinstanzen 
auszutragen hatten (3g8). Ein Jahr später untersagte er durch ein 
von ihm allein erlassenes Dekret den „Aposteln“ des palästinensischen 
Patriarchen das Einkassieren von Geldspenden unter den italieni 
schen Juden, wodurch er wohl deren Beziehungen zu ihrer in der 
östlichen Reichshälfte liegenden geistigen Metropole zu lösen beab 
sichtigte; im Jahre 4o4 sah er sich indessen veranlaßt, das Verbot 
wieder rückgängig zu machen 1 ). In der gefahrvollen Zeit zu Be 
ginn des V. Jahrhunderts, als die Horden der Goten in Italien eim 
brachen und sich für eine gewisse Zeit sogar Roms selbst bemäch- 
!) S. Band III, § 36.
	        
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