Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

§ 29. Das Chasarenreich 
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dort verborgen gehaltenen Thorabücher hervor geholt, in denen sich alle 
Argumente der Juden bestätigt fanden. Darauf schlossen sich zusam 
men mit den Chasaren auch die bereits fast gänzlich abgefallenen Ju 
den der jüdischen Religion wieder an. Nunmehr wurde das Chasaren - 
land zu einem Anziehungspunkt für neue Massen von Juden aus Bag 
dad, Chorassan und Byzanz, die die einheimische Bevölkerung des 
Landes in ihrem neuen Glauben noch mehr bestärkten. 
Diese Geschehnisse spielten sich um die Mitte des VIII. Jahrhun 
derts (um 740) ab 1 ). Nach ihrer Bekehrung beherrschten die chasari- 
schen Könige oder Chaganen noch volle zwei Jahrhunderte den süd 
östlichen Landstrich des späteren europäischen Rußland. Von seinem 
am Unterlauf der Wolga gelegenen Mittelpunkt aus dehnte das Cha 
sarenreich allmählich seine Macht weit nach Westen und nach Nor 
den, über die Küste des Schwarzen Meeres und über die Gebiete am 
unteren Dnjepr aus. In der Krim geriet das Territorium des ehemali 
gen Bosporanischen Reiches (das Gebiet von Kertsch und Taman) 
unter die Gewalt der Chasaren, wodurch sie zu unmittelbaren Nach 
barn der sich im Krimer Chersones behauptenden Byzantiner wurden. 
Von dort aus unternahmen die Chasaren Überfälle auf die slawischen 
Stämme am südlichen Dnjepr, bezwangen sie und machten sie tribut 
pflichtig; den ihnen auf erlegten Tribut hatten die Slawen auch noch 
einige Zeit nach dem Hervortreten der Waräger zu entrichten, als sie 
in das von diesen in der zweiten Hälfte des IX. Jahrhunderts begrün 
dete Kiewsche Russenreich eingegliedert worden waren. So konnte das 
große Chasarenreich zwischen der Wolga und dem Dnjepr, dessen 
östliche Grenze durch die ihm verbündete, um jene Zeit den Kau 
kasus beherrschende Völkerschaft der Alanen gesichert war, an seiner 
westlichen Grenze gegen Byzanz die Slawen und später die Russen 
mobil machen. Daher vermochte das Chasarenreich sich auch nur so 
lange zu behaupten, bis das südliche Russenland in die Einflußsphäre 
von Byzanz einbezogen wurde und im Bündnis mit diesem den Kampf 
gegen das verhaßte „jüdische Reich“ eröffnete. 
Unter den jüdischen Chaganen wurde die Staatsverfassung des 
chasarischen Reiches, wie dies aus zeitgenössischen arabischen und jü 
dischen Quellen zu ersehen ist, weiter ausgebaut und erheblich ver 
bessert. Der Chagan galt als der oberste Landesherr und als die 
höchste Gerichtsinstanz, während an der Spitze des Heeres sein Ne 
1 ) Ibid. am Ende.
	        
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