Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

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Italien und Byzanz (VIII—XI Jahrh.) 
Eliahu“ („Der Meister aus der Eliasschule“, auch nach dem Pro 
pheten Elias „Seder Eliahu“ genannt). Aus manchen in dem Buche 
verstreuten Anspielungen ist zu schließen, daß der Verfasser von Be 
ruf ein Wanderprediger war und in der zweiten Hälfte des X. Jahr 
hunderts in Italien oder Byzanz lebte (die zwei im Text selbst vor 
kommenden Daten: 900 Jahre seit der Tempelzerstörung und das 
Jahr 4744 »seit der Weltschöpfung“ entsprechen den Jahren 
968 und 984 der christlichen Zeitrechnung). Als eine Reaktion auf 
den von der damaligen christlichen Umwelt ausgehenden Druck sind 
jene Stellen der Predigten zu betrachten, in denen der Verfasser sei 
nem Zorn über das „böse Rom“ und das „Reich des Frevels“ Aus 
druck gibt. Die leidenschaftliche messianische Sehnsucht und der 
feste Glaube an das herannahende göttliche Gericht über die Völker 
verleihen dem Prediger die Kraft, in seinen Zuhörern neuen Mut zu 
erwecken und ihre Zuversicht aufrechtzuerhalten. Seine Reden pflegt 
er dem umherirrenden Propheten Elias, dem Vorboten des Messias, 
in den Mund zu legen und sie in die folgende schlichte und rührend 
naive Form zu kleiden: „Einst zog ich von Ort zu Ort und begeg 
nete unterwegs einem Greise. Dieser fragte mich, ob es wohl in den 
Tagen des Davidssohnes (des Messias) Andersgläubige geben würde. 
Ich aber erwiderte: ,Alle Völker und Reiche, die die Juden gepei 
nigt und bedrängt haben, werden Zeugen ihrer Freude werden und 
darüber höchlich betrübt sein, um sich hernach in Staub zu verwan 
deln; diejenigen aber, die die Juden nicht gepeinigt und nicht be 
drängt haben, werden ihnen in jener glücklichen Zeit die Äcker 
bestellen und ihren Wein bauen 4 “ („Eliahu Rabba“ 1 ), Kap. 22). 
„Gott im Himmel! — so ruft der Verfasser voll Trauer an einer an 
deren Stelle aus — es ist ja allbekannt, daß du des Anbruchs der 
Tage des Davidssohnes harrest. Dann wirst du unter den Juden auch 
Kenner der Schrift und Mischnakundige und auch ehrliche Handels 
leute finden. Ich rufe Himmel und Erde als Zeugen an: Gott harret 
Israels (im Heiligen Lande) mit größerer Ungeduld denn ein Vater 
seinen Sohn erwartet oder ein Weib ihren Gatten. Er will, daß die, 
Juden Buße tun, auf daß er sie erlöse und einen Tempel für sie er 
richte, der in alle Ewigkeit unzerstörbar sein wird“ (Kap. 3i). 
Zuweilen geht die Predigt des Verfassers in ein leidenschaftliches 
1) Das Buch zerfällt in zwei Teile, einen größeren: ,,Eliahu rabba“ und 
einen kleineren: „Eliahu sutta“.
	        
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