Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

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§ 15. Deutschland unter den römisch-deutschen Kaisern 
Städten die Bischöfe dieselben Rechte wie die weltlichen Würdenträ 
ger genießen. Die größtenteils in den Städten wohnende jüdische Be 
völkerung gerät zumeist unter die unmittelbare Gewalt der Bischöfe, 
was ihr entschieden zum Nutzen gereicht. Die Erhebung der Bischöfe 
zum Range von autonomen Statthaltern war das beste Mittel zur Un 
schädlichmachung der höheren Geistlichkeit: solange nämlich die Die 
ner der Kirche in ihrer Opposition zur Staatsgewalt verharrten, dräng 
ten sie unausgesetzt auf die Bedrückung der Juden, als Staatsbeamte 
hatten sie jedoch selbst ein Interesse daran, daß die wirtschaftliche 
Betätigung der Juden, die die Volkswirtschaft mit lebendigem Geiste 
erfüllten und zur Auffüllung des Staatsschatzes beitrugen, durch kei 
nerlei Rechtsbeschränkungen eingeengt werde. In dieser Beziehung 
kam es gleichsam zu einer Verweltlichung der Kirche, und das von, 
ihr ausgehende spezifische Gift des Religionshasses wurde nunmehr 
gänzlich unwirksam. So sehen wir denn, daß im X. und XI. Jahr 
hundert die unter der Vormundschaft der Bischöfe stehenden jüdi 
schen Gemeinden Deutschlands von der Religionsnot am wenigsten 
zu leiden haben. Sobald die von der Kirche bevormundeten Juden die 
ser einen Nutzen zu bringen begannen, zögerte sie nicht, das Kriegs 
beil zu begraben und mit ihnen Frieden zu schließen. 
Die bedeutendsten jüdischen Siedlungen befanden sich in den Bi 
schofssitzen am Rhein, ih den Städten Metz, Trier, Köln, Mainz, 
Worms, ferner in den sächsischen und bayrischen Städten: Magde 
burg, Merseburg und Regensburg. Unter den letzten Karolingern kam 
es hier noch vor, daß die Geistlichkeit den Versuch machte, den Ju 
den mit den alten Kirchengesetzen zu Leibe zu rücken. Das im Jahre 
888 in Metz versammelte Konzil erneuerte die von den fränkischen 
Synoden des VI. Jahrhunderts beschlossenen Verbote: die Christen 
sollten keine Tischgemeinschaft mit Juden pflegen und auch keine 
Speisen von ihnen entgegennehmen, solange diese, ihren Gesetzen fol 
gend, die Speise der Christen ihrerseits verschmähten, denn schon 
der Bischof Caesarius von Arles hätte es ausgesprochen, daß sich die 
Christen dadurch vor den Juden erniedrigten (oben, § 4)* Unter König 
Heinrich I. wurde auf der Kirchensynode zu Erfurt (932) ein an 
geblich aus Jerusalem eingetroffenes Schreiben verlautbart, das die 
Mitteilung enthielt, in der Heiligen Stadt wäre zwischen Juden und 
Christen ein Zwist entbrannt, der, da die Juden die Muselmanen durch 
Geld auf ihre Seite zu bringen gewußt hätten, für die Christengemein
	        
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