Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

§ 1U. Frankreich unter den Karolingern und Kapetingern 
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christussen“ und dem wahren Christus klar vor Augen zu führen. 
Ferner kommt er auf die Erzählungen zurück, wie die Juden unter 
dem Kaiser Julian Apostata und später, zur Zeit des heiligen Hiero 
nymus, auf der Insel Kreta das Kommen ihres Messias erwarteten 
und wie schwer sie sich in ihren Hoffnungen getäuscht sahen. Nun 
sei es an der Zeit, diese schädliche jüdische Ketzerei auszurottem. 
Als nachahmungswürdiges Vorbild werden die Erlasse der römischen 
und byzantinischen Kaiser, sowie die gegen die Juden und die Ver 
breitung des Judentums gerichteten Beschlüsse der Kirchenkonzile ge 
rühmt. Amulo ergeht sich in Klagen darüber, daß die neuen Macht 
haber diesen löblichen Beispielen nicht nacheifern wollen, so daß 
das Übel immer mehr um sich greife und die Seuche des Judentums 
immer tiefer in den Leib des Christentums dringe. Ungeachtet der 
Kirchenkanons ständen die Juden in regem Verkehr mit den Chri 
sten, die sich nicht selten durch ihre religiöse Propaganda verführen 
ließen, ihren Predigern mehr Beifall zollten als den christlichen Prie 
stern, zusammen mit den Juden „sabbatierten“ (sabbatizant) und sich 
um ihre eigenen Fest- und Fasttage nicht im geringsten kümmerten. 
Es ist hier offenbar von in jüdischen Häusern lebenden christlichen 
Dienstboten die Bede, deren Geschick seinerzeit schon Agobard so 
viel Sorge bereitet hatte. Auch Amulo gibt seinem Unwillen darüber 
Ausdruck, daß das Gesetz, das den Juden die Verwendung christli 
cher Sklaven untersagt, ihnen zugleich gestattet, freie Christen in 
ihren Diensten zu halten (cum eis servos christianos habere non 
liceat, habent servientes liberos christianos). Getaufte Juden hätten 
Amulo, ihre früheren Glaubensgenossen denunzierend, hinterbracht, 
daß jüdische Steuerpächter an entlegenen Orten die armen Christen 
schwer bedrückten und sie dem christlichen Glauben abspenstig zu 
machen suchten. Die Juden ließen auch von den Täuflingen aus ihrer 
Mitte nicht ab und suchten sie davon zu überzeugen, daß es ein Wahn 
wäre zu glauben, daß „Gott jemanden seinesgleichen haben könne“. 
Die von den Juden angestellten Erörterungen über das Verhältnis 
von Christus zu Gott brächten den Glauben der Christen ins Wan 
ken; so wäre es den Verführern vermittels ihrer rationalistischen 
Schlußfolgerungen gelungen, sogar den gelehrten Hofdiakonus Bodo 
(von dem bereits oben die Rede war) vom rechten Wege abzulenken. 
„Aus diesem Grunde eben — berichtet Amulo weiter — habe ich 
im laufenden Jahre, ihre (der Juden) Ruchlosigkeit verfluchend,
	        
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