Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

Die Karolinger zeit in Mitteleuropa 
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ermöglichen, hätten die kaiserlichen Kontrolleure den Markthandel an 
diesem Tage abgeschafft, obwohl es den Christen viel angenehmer sei, 
ihre Einkäufe am Sonnabend zu machen, um am Sonntag unbehindert 
dem Gottesdienst und der Predigt in der Kirche beiwohnen zu können. 
Ohne sich auch nur die geringste Zurückhaltung aufzuerlegen, 
äußert sich Agobard zur jüdischen Frage in einem an seinen Berufs 
genossen, den narbonnensischen Bischof Nibridius gerichteten Schrei 
ben (828). Das umfangreiche Sendschreiben gewährt einen tiefen 
Einblick in die Beziehungen zwischen Juden und Christen in jener 
Zeit. Auf seine eigene prekäre Lage und auf das der Kirche angeb 
lich drohende Unheil hinweisend, berichtet Agobard über die von ihm 
zur Abwehr der „jüdischen Gefahr“ unternommenen Schritte. „Ich 
habe allen Gläubigen, insofern sie die christliche Religion wirklich 
erhalten wollen, vorgeschrieben, daß sie in Befolgung der göttlichen 
Gesetze und der Kirchenregeln allen Umgang mit den Ungläubigen 
unterlassen mögen. Ungläubige heiße ich aber nicht die Heiden, deren 
es in unserer Mitte nur sehr wenig gibt, sondern die Juden, die in 
unserer Stadt sowie in einigen Nachbarstädten so reichlich vertreten 
sind“. Durch zahlreiche Belegstellen aus der Heiligen Schrift, den 
Briefen des Apostels Paulus und den Werken der Kirchenväter sucht 
Agobard zu beweisen, daß zwischen Kirche und Synagoge kein fried 
liches Zusammenleben bestehen könne: „Unwürdig unseres Glaubens 
ist es, daß auf die Kinder des Lichts durch ihren Umgang mit den 
Söhnen der Finsternis ein Schatten falle. Ungeziemend ist es auch, 
daß die Kirche Christi, die ohne Makel und Fehl ihrem himmlischen 
Gatten zugeführt werden soll, durch die Berührung mit der unreinen, 
altersschwachen und verworfenen Synagoge verunstaltet werde. Selt 
sam mutet es an, die unbefleckte, Christus an verlobte Jungfrau mit 
einer Hure bei gemeinsamem Mahle sitzen zu sehen. Ist es doch so 
weit gekommen, daß manche Christen, die mit den Juden versippt 
sind, auch deren Sabbat feiern, die Sonntagsruhe aber durch un 
erlaubte Arbeit entweihen und sich um die vorgeschriebenen Fasten 
nicht kümmern. Viele Frauen leben bei Juden als Dienstboten oder 
Arbeiterinnen, manche von ihnen haben sich bereits (zum Judentum) 
verführen lassen, alle insgesamt aber sind sie liederlich geworden, da 
sie den Launen und Begierden ihrer Herren zu Willen sind; so wer 
den sie denn von den Söhnen des Teufels verführt, die ihren Haß 
verbergen und sie mit erheuchelten Wohlwollensbezeugungen über
	        
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