Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes im Orient (3, Orientalische Periode / 1926)

§ 23. Die Haggadisten und ihre Polemik gegen die Christen 
antinationale Wesen des Judenchristentums erneut zutage trat, zu 
einem endgültigen Bruch zwischen diesem und dem Judentum führte. 
Die Judenchristen, die sich den Juden immer mehr entfremdeten, 
um ganz unter den Heidenchristen aufzugehen, verstärkten nun in 
dem neuen Milieu jene polemische Tendenz, die in einer scharfen 
Kritik des Judaismus auf Grund seiner eigenen Verfassung, der im 
evangelischen Geiste umgedeuteten Bibel, ihren Ausdruck fand. 
Um diese Zeit gab es bereits in Palästina einige bedeutende Zen 
tren des Christentums. Das den Juden unzugänglich gewordene Je 
rusalem, das Hadrian in das heidnische Aelia verwandelt hatte, stand 
den Christen, die während des Aufstandes ihre Treue Rom gegenüber 
bezeugten und immer wieder die sie von den aufrührerischen Juden 
trennende Kluft in Erinnerung brachten, völlig offen. So faßte denn 
hier eine christliche Gemeinde, die vornehmlich aus bekehrten Grie 
chen bestand, festen Fuß und ließ sich die Pflege der durch die Le 
gende vom Leben und Leiden Christi geheiligten Stätten in Jerusalem 
und seiner Umgebung besonders angelegen sein. Das Wasser des Je 
rusalemer „Taufbeckens“ galt als heilbringend und die Heilquelle 
lockte ganze Scharen von abergläubischen Siechen herbei. In Beth 
lehem zeigte man den Pilgern die Zufluchtsstätte und die Krippe des 
Christkindes. Ein bedeutenderer Mittelpunkt des Christentums ent 
stand im III. Jahrhundert in Caesarea. Von jeher ein Gegenpol der 
heiligen Stadt, die den Juden verhaßte Residenz der römischen 
Statthalter, wurde Caesarea nunmehr auch zur Residenz des Bi 
schofs der palästinensischen Christen. Dort traf der berühmte Ori- 
genes, als er von Alexandrien dorthin gekommen war, eine ganze 
Gruppe von gelehrten christlichen Theologen an, denen eine reich 
haltige Bibliothek zur Verfügung stand. Diese Büchersammlung eben 
benutzte später Eusebius bei der Abfassung seiner bekannten „Kir 
chengeschichte“. Christliche Gemeinden bildeten sich überdies in 
Lydda-Diospolis, Jabne-Jamnia, in Bethlehem, Samaria-Sebaste, Si- 
chem-Neapolis und an einigen anderen Orten Judäas und Samarias; 
dagegen waren in Galiläa die Christen im III. Jahrhundert nur sehr 
selten anzutreffen. Es vollzog sich gleichsam ein Austausch der Land 
bereiche: das jüdische Zentrum verschob sich nach dem Aufstande 
des Bar Kochba aus Judäa nach Galiläa, der Urheimat des Christen 
tums, während sich die Christen in dem verheerten Judäa mit seiner 
gedemütigten, verwüsteten Hauptstadt gesammelt hatten. Erst in der 
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