Kampfgraben mit feinen vielgearleten Verstecken lockte eine Anzahl Reservetruppen eines
anderen Regimentes in sein hochsteilwandiges Inneres, so daß infolge nachdrängender
Abteilungen buchstäblich jeder Verkehr stockte. Für unsere kämpfenden Braven wie für
alle Grabenwandler stand die Gefahr nahe, von den vereinigten Russen und Rumänen
im Rücken überfallen und entweder bis zur Vernichtung aufgerieben oder gefangen zu
werden. Hier war rascher Entschluß mehr als eine halbe Tat. Von der ursprünglichen
Bestimmung absehend, entwickelten sich drei Züge der 8. Kompagnie und ein Zug der
5. Kompagnie am Rideaurande, setzten über den für unsere Mitkämpfer von feindlichen
Handgranaten bereits sehr gefährdeten rumänischen Graben und schlugen den Feind, der
sich im Dickicht schon auf 40 bis 50 Schritte herangearbeitet hatte, im entscheidenden
Augenblick zurück, über seinen zweiten Graben und die Kirche Olesesti hinaus. Fast gleich¬
zeitig rückten zwei russische Schwarmlinien in der Stärke von etwa drei Zügen aus süd¬
östlicher Richtung gegen den rechten Flügel unserer Kampflinie vor. Gegen diese warfen
sich der Reservezug der 8. Kompagnie und deren Sturmpatrouille. In solcher Lage wurde
das Feuer anderthalb Stunden unterhalten, Sturm auf die russische Schützenlinie gemacht
und diese zurückgedrängt.
Doch bald flutete in dichten Wellen ein neuer russisch-rumänischer Ansturm heran.
Unsere Maschinengewehre leisteten ehrliche Arbeit. Ungezählte russisch-rumänische Gefal¬
lene bedeckten den Kampfplatz. Die Russen, meist geführt von französischen und englischen
Offizieren, ließen sich davon nicht abschrecken. Mit einem markerschütternden Geschrei,
übertönt vom Getöse der Tod und Verderben speienden Kriegsinstrumente, schritten sie
über das Röcheln und Stöhnen unzähliger Dahingemähter. Weiße Signale geboten der
russischen Artillerie Halt und der fürchterliche Akt menschlicher Vergewaltigung, die bru¬
talste Aeußerung all der sonst im Widerstreit kämpfenden Kräfte, ein in seelischer Blind¬
heit und Taubheit von bestialischem Drange diktierter Tobsuchtsanfall war im Gange
und führte durch unsere Feinde, zu denen vorwiegend Tataren zählten, in der Behand¬
lung unserer Verwundeten und Toten zu den gröblichsten Völkerrechtsverlehungen. In
diesem ekelerregenden Gemetzel infernalischer Wutausrüche lichteten sich die Reihen
immer mehr. Haufenweises Zurückfluten auf beiden Seiten machte sich fühlbar. Rur die
Reste der in den Kampf Verbissenen ballten sich zu Gruppen und zerrten an Gewehren
und Maschinengewehrbestandteilen wie streitende Hunde an einem Knochen. Trotz wieder¬
holter bedenklicher Schwankungen blieb uns das Kriegsglück hold. Die katastrophale Ge¬
fahr war schließlich gänzlich bezwungen und so mancher der von uns abseits Kämpfenden
konnte nicht ahnen, daß er nur dem braven, siegesstolzen und aufopfernden Betragen
seiner Kameraden die Erhaltung seines Lebens zu verdanken habe.
Die verleihungsberechtigten Kommanden würdigten die Leistungen der Kompagnie
in diesen und den folgenden Kämpfen mit der Verleihung von 5 Großen und 30 Kleinen
Silbernen und noch mehr Bronzenen Tapferkeitsmedaillen."
Mjr. Julius Laiter, Kmdt. des II. Baons des Ldst.I.R. 27, äußerte sich
darüber in einer Zuschrift vom 30. März 1919 u. a.: „Der vorliegende Gefechts¬
bericht ist — wie auch aus den Zeugenaussagen hervorgeht — vollkommen wahr¬
heitsgetreu wiedergegeben. Das selbständige Eingreifen der 8. Komp, des Ldst.¬
I.R. Nr. 27 und von Teilen des Ldst.I.R. 409, beides unter dem Kmdo. des
Hptm. >P r a t s ch e r, hat das II. und Teile des IH. Baons des Ldst.I.R. 27 vor
Vernichtung bezw. Gefangennahme bewahrt. Hptm. Hans Pratscher wurde
mit der neuerlichen Allerhöchsten Anerkennung bedacht und im August 1918
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