Volltext: Das Bücherwesen im Mittelalter

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stehender Ausführungen sein soll, dürfte durch die letzten Er 
örterungen schon überschritten worden sein, und obwohl es 
interessant und der Mühe werth wäre, den weiteren Verlauf, 
den das Bücherwesen seit Erfindung der Buchdruckerkunst ge 
nommen, zu verfolgen, so würde ein solches Unterfangen zu weit 
führen. Daher möge es genügen, wenn der gewaltige Umschwung, 
der im Bücherwesen durch metallene Lettern und Druckerpresse 
hervorgerufen wurde, mit den zutreffenden Worten eines Cultur 
historikers unserer Tage charakterisirt werde. Karl Grün sagt 
in seiner „Culturgeschichte des sechszehnten Jahrhunderts", daß 
mit dem Beginne der neuen Zeit „die große geistige Bewegung, 
die am Horizonte ausging, bestimmt war, sich der Masse zu be 
mächtigen. Aber sie mußte in der Masse jeden einzelnen durch- 
dringen, es handelte sich um massenhafte persönliche Ueber 
zeugungen. Diese konnten aber nur durch ein neues Mittel der 
Propaganda gewonnen werden. Bisher war alle Lehre und 
Belehrung fast ausschließlich mündlich, der Priester war durch 
das ganze Mittelalter hindurch der Mund der Wahrheit gewesen. 
Die Predigt der Ketzer that zwar auch das Ihrige, aber sie 
hätte uimmer ausgereicht ohne das gedruckte Wort, die stille 
Predigt, die stumme Propaganda. Und diese hatte zudem den 
gewaltigen Vorzug, daß man sie wieder lesen, überlegen, zum 
Stehen bringen konnte. So bildete sich nicht nur ein vorüber 
gehender, meist gemüthlicher Eindruck; es entstand nicht nur 
Begeisterung, sondern gefestigte Ueberzeugung, eine dialektisch 
vermittelte Ansicht; der Verstand wurde zu Hilfe gerufen. „Dieses 
wird Jenes tobten'', konnte man damals sagen, als der Preß- 
bengel sich gegen die Kanzel erhob. Hierin lag offenbar die 
Signatur der Zeit und das Motto der Zukunft." 
(596) 
Druck von Gevr. Unger (Th. Gnmm) m Berlin, Schonevergerstr. 17 a.
	        
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