Volltext: Innviertler Heimatkalender 1917 (1917)

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Stelle des alten Hofbaues, des Wirtschaftsgebäudes des adeligen Sitzes, getreten 
ist. Vom alten Schlosse ist in den seltensten Fällen noch etwas zu sehen. Im Grunde 
genommen ist also die Entwicklung dieses Pfarrdorfes von dem zuerst geschilderten 
gar nicht verschieden. 
In der Anlage eines solchen Dorfes spielte der Herrensitz die Hauptrolle. 
Durch seine Größe und Stattlichkeit überragte er alle anderen Gebäude, die Macht 
des Herrn anzeigend. Selbst die Kirche trat nur ganz bescheiden neben dem Herren¬ 
sitze auf. Da die Gründe, Wiesen und Aecker der allernächsten Umgebung zum „Hof¬ 
bau" gehörten, konnten andere Bauerngehöfte nicht aufkommen. Nur dann, wenn 
der Hofbau sehr klein war, wurden auch 
in der Nachbarschaft vom Herrensitz ab¬ 
hängige Baustellen errichtet, die sich nach 
dem Verfalle der Grundherrschast zu 
stattlichen Wirtschaften erweitern konnten. 
Nicht wesentlich hievon verschieden 
war die Dorfanlage bei einem Kloster, 
nur daß dieses manchmal noch stärker 
wie der Sitz des Landadeligen Grund 
und Boden der nächsten Umgebung für 
sich in Anspruch nahm. Daher finden 
wir in der unmittelbaren Nähe eines 
Stiftes nur kleine, einstmals von diesem 
abhängige Häuser für Taglöhner und 
Gewerbsleute. Erst in etwas weiterer 
Entfernung treten Bauerngehöfte auf. 
Die Dorfanlage entstand nicht im 
Umkreis des Klosters, denn dieses bildet 
eine Welt für sich, sondern in der Fort¬ 
setzung des Stiftsausganges. Hier waren 
oft stattliche, vom Stifte erbaute Häuser, 
wie das Richterhaus, die Taferne und 
andere durch den Wirkungskreis des 
Stiftes bedingte Häuser. 
Bei allen bisher genannten Formen 
der Dorfanlage war der Wirtschaftshof, 
ob in dieser oder jener Form, das be¬ 
herrschende Element. Dadurch unter¬ 
scheidet sich die Dorfanlage wesentlich 
von der Anlage der Märkte, der Städte. Henhart (am Höhrihart,. 
Hier ist der Platz, wo Handel und 
Verkehr ungestört sich entfalten können, den die mächtigen Wohnhäuser der Bürger 
umschließen, das charakteristische Merkmal. Nur das Rathaus ist in diesen Platz 
einbezogen. Alle anderen öffentlichen Gebäude, wie Kirche und Schule,-stehen seit¬ 
wärts vom Platze. 
Unsere Städte sind aber nicht etwa aus früheren Dorfanlagen entstanden. Das 
bezeugt uns schon die Tatsache, daß die alten Pfarrkirchen der Märkte und Städte 
Ried, Braunau, Schärding und Obernberg mindestens eine halbe bis eine ganze 
Stunde entfernt liegen. Mehrnbach, Ranshofen, St. Florian a. I. und St. Georgen 
waren in der Nähe der genannten Orte die ältesten Dorfanlagen, die zu Pfarrin 
ausgestaltet wurden und in derem weiteren Umkreise die Plätze für Handel und Verkehr
	        
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