Volltext: Innviertler Heimatkalender 1917 (1917)

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Pfarrer Hofner von Ostermiething berichtete hierüber an den Dechant: .Was 
aber für etn Murren unter dem Volke gewesen, daß er nit in dem Ordinari-Fried- 
Hof begraben worden, kann tch mt genugsam beschreiben... Nach Mittag sind bei 
50 Bauern aus der Wacht Tarsdorf mit einem großen Tumulte in den Pfarrhof 
kommen, welche mrt allerhand Schmachworten protestiert, daß man Herrn Josef 
l"°m lch den Koop. Atchpomtner und andere an dieser Kontagion (ansteckend n 
Krankheit) Verstorbene willens setmt Festfriedhofe nächst Tarsdorf zu begraben ..." 
S:e erklärten. Gewalt zu gebrauchen Auch die Abgaben wollten sie verweigern, 
wenn ihre Forderungen nach dem Begräbnis im Kirchfriedhof nicht erfüllt würden. 
Das Ende des Streites aber war. daß die Leichen trotz allem in dem für 
Tarsdorf bestimmten Pestfriedhofe bestattet werden mußten. 
Der Tarsdorfer Pchfciedhof liegt am Wege zum Huckingersee unweit des Feld- 
stW Rande des Weilhartforstes. Im Nordwestteile des Friedhofes 
erhebt stch eine gemauerte Kapelle, die 1906 neu gerichtet wurde. Das Wandbild 
der Kapelle zeigt uns das Fegefeuer mit oen armen Seelen, links Bauer und Bäuerin, 
rechts den Tod als Dieb. Er fährt einen Schubkarren mit Geldsäcken nnd einem 
Totengerippe dem eure Natter aus den Augenhöhlen kriecht. Oberhalb des Bildes 
wteri'i, »eb-"( S{.:5 .Sich ich fcmme 
Folgende Verse erklären uns den Zweck der Kapelle: 
Freund, hier könnt ihr betrachten, 
wann ihr sehet unsere Grabstatt an, 
was das Leben ist zu achten, 
was man auf der Welt getan. 
Gut und Geld und Reichtum machen 
alles, was die Welt verspricht; 
sein nur lauter Kindersachen 
und ein eitles Truggesicht. 
Wann ihr nicht ein frommes Leben 
und dabei geduldig seid, 
wird es wenig Lohn abgeben 
allhier in der Ewigkeit. — Amen 
O Straf', o Rut', o Fenr, o Glut, 
wie heftig tust du brennen; 
tote wenig sein, die diese Pein 
auch leider recht erkennen. 
1714 hat man geschrieben, 
da die Pest allhier regiert, 
hat viele Menschen aufg rieben, 
man hat gar viel' daher geführt. 
Liebste Freunde, tuet Jesum bitten, 
den gottsgebenedeiten Sohn, 
daß er uns verzeiht die Sunden 
uni) gibt uns die Himmelskron. 
Zu den Opfern, welche die Krankheit in Ostermiething forderte, gehört auch 
der schon erwähnte Pestkaplan Josef Aichpointner, der nur kurze Zeit fein 
schwtenges Amt ausüben konnte. Einige Stellen aus einem Briefe, den er am 
7. Dezember 1713 an feinen Dechant schrieb, kennzeichnen seinen opfermutigen Sinn: 
„Set wie ihm wolle, doch bin ich bereit, denen mit solchen vergleichen Schmerzen 
und kontagiosen Krankheiten behafteten Menschen ex amore proximi (aus Nächsten» 
^ Malige es die Kräfte zulassen, beizustehen. Ich hätte nit vermeint, daß es 
sollte soweit kommen.“ 
„.Sch, der Bader und der Totengräber sind pro tempore (derzeit) verlo¬ 
gne Schildwacht; der Totengräber hat sich auch am Sonntag als den 3. 
dieses (Monats) beklagt. Am Montag nach Mittag um 12 Uhr habe ich ihm die 
ultima sacramenta (die Sterbesakramente) administriert; abends um 9 Uhr hat 
/?• Zeitliche beschlossen Bei diesem bin ich ganz allein gewesen, dieweil ihnen 
(stch) niemand hat hineingetraut “ 
--Bei nächst verflossenem Sonntag habe ich so viele schwere Provisionen 
(-oetfehgänge) gehabt, daß ich den ganzen Tag bis zum Sonnen-Untergang mehret
	        
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