Volltext: Innviertler Heimatkalender 1913 (1913)

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haben wir auch Schulgesetze, die den Jungen vor einer gewissen Zeit das Rauchen 
untersagen. Aber vielleicht fördert dieses Verbot bloß die alte Untugend, dem Sprich¬ 
wort gemäß: Verbotene Frucht schmeckt immer besser. 
Weil Sie mich aber jetzt herausgefordert haben," setzte er mit Nachdruck hinzu, 
„so will ich Ihnen auch nichts schuldig bleiben. Was Kleidung anbelangt, seid ihr 
Waldlerbauern, habt Dank, noch sehr vernunftvoll geblieben. Aber anderswo ließe es 
bei euch viel zu wünschen übrig. — Die Reinhaltung des Körpers, die höchst wichtig 
ist, kümmert euch blutwenig. Ein Bad ist euch grauenerregend, kalte Waschungen 
dünken euch zu mindestens lebensgefährlich und so weiter. Auch die Reinhaltung 
eurer Stuben und Gemächer ist meist gar nicht einwandfrei und eine Ladung frischer 
Luft in das Zimmer wäre oft kein großer Schaden. 
Ferner ist es auch mit eurer Zahnpflege gar schlimm bestellt, trotzdem ihr fest 
an das Sprichwort glaubt: Gut gekaut, halb verdaut. Zum Kauen braucht mau 
aber gute Zähne, mein Lieber!" Darauf der Franz, der bis jetzt immer Stillschweigen 
gehalten hatte: „Wir haben ein vortreffliches, natürliches Zahnputzmittel, von dessen 
Güte ich mich schon selbst überzeugte. Schwarzes Roggenbrot tut diesen Dienst über¬ 
getreu". „Das ist allerdings wahr," sagte der Realschüler, „Roggenbrot ist für die 
Reinlichkeit der Zähne sehr gut. Aber die Speisenüberreste entfernt es doch nicht aus 
dem Gebiß. Diese verwesen dort, sondern Stoffe ab, die den Zahn angreifen, und 
wenn hier nicht sorgliche Genauigkeit beobachtet wird, schadet man sich mehr als 
man glaubt." 
„Kann schon möglich sein," lenkte der Alte wieder ein und gleich ab, als fühlte 
er sich etwas betroffen; „aber auch die Augen gehören zum Körper. Durch das viele 
Lesen, besonders bei Licht und Zwielicht, werden die Gelehrten diesem Edelstein 
unter unseren Gliedern auch nicht immer einen Gefallen tun. Gott fei Dank; die 
Augen hab ich mir immer geschont und es reut mich wirklich nicht." 
Ein vornehmer Sommerfrischler hatte das ganze Gespräch lächelnd belauscht, 
und als nun eine Panse eintrat, kam er frennlich zu den Dreien heran und sagte: 
„Die Herren sprechen da über sehr wichtige Punkte. Dürfte ich vielleicht auch ein 
wenig mitreden?" Die beiden Gäste nickten verwundert, der Wirtssohn aber machte 
einen Knicks und raunte: „Aber mit Vergnügen, Herr Profeffor!" Jener setzte sich 
nun gleich neben den Bauer und sing an: 
„Ihr habt bis jetzt so vieles erwähnt, das einen günstigen oder ungünstigen 
Einfluß auf den Körper ausübt, aber ein Feld habt ihr noch ganz unberührt ge¬ 
lassen. Glaubt ihr nicht, daß auch das, was wir dem Magen zuführen, für die 
Gesundheit bestimmend ist?" Jetzt bekam der Waldler wieder Mut und begann des 
Langen und Breiten Über die Schädlichkeit zu heißer oder zu-kalter Speisen, über 
die schlimme Wirkung, die ein kalter Trunk zur Sommerzeit machen könne, über 
die bösen Folgen unregelmäßiger Nahrungsaufnahme und noch über manches andere 
zu erzählen. 
„Alles richtig," sagte schließlich der Professor; „aber, ertauben Sie mir, 
haben Sie noch nie daran gedacht, daß das Bier, das Sie hier haben, der Most 
zu Hanse im Keller, besonders aber der Schnaps sehr schädigend wirke auf die 
inneren Organe unseres Leibes?" Daß durch den Branntwein schon mancher um¬ 
gekommen, hatte er auch im Sauwald hinten schon öfter sagen hören, aber nie recht 
geglaubt; daß aber das Bier und sein lieber Most schädlich sein sollte, das war 
ihm völlig neu. Lange hatte der Profeffor zu tun, um feine tausend Einwendungen 
niederzukämpfen, aber gesiegt war bei ihm noch lange nicht. 
Und als er fein Glas geleert hatte, empfahl er sich fröhlich und machte sich 
auf den Weg, hinein in seine Hügel und Wälder. Lange dachte er auf dem Marsche
	        
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