Volltext: Innviertler Heimatkalender 1912 (1912)

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„Ich streck mich also, wie lang ich kann, führ mit 'm blanken Wachterschwert 
nach alle vier Weltgegenden einen scharfen Hieb und fang an mit einer schneidigen 
Stimm, daß's rundum im Ghölz nur ghällert') hat: 
„Vagoth oft gratiel naziel; wir erwarten hier wirklich ursiou, ohel beatus 
nozel heoti Raphael osecht, komme bald! 
„Uriel heneche lolle heoti gratiosa Adonnai eelibat Raphael heneche agra jod 
semele loi itos pant Zellianelle König Pagmon, komm, komm, komm! 
„Amon nazot steter noster amma. 
„Hiermit sollst du vor meinen Kreis zitieret sein!" 
Nachdem der Zirmhofer dieses Kauderwelsch höchst wirkungsvoll herausgebrüllt, 
schlug er mit der Faust auf den Tisch, worüber sämtliche in der Wirtsstube an¬ 
wesenden Frauenzimmer laut aufkreischten. „No, tto," sagte er, tief aufseufzend, 
„erschreckt's nit, heut kimmt er nit, dazu braucht's anders und a Kuhhaut, da richten 
Gänshänt nix." 
„No, is er damal knmma?" fragte die Wirtin. 
Der Zirmhofer nickte ernst, nahm einen Schluck Wein und fuhr fort: „Kaum 
war 's letzte Wort aus ntetn’m Mund, stech2) ich von fern a feurige Kugel, wie ein 
zweiten Mondschein, in einer riesigen Schnellen daherkämma und immer gerad 
auf mich zuhalten und immer größer is f wordn, je näher s' herankommt und die 
Erd hat zun zittern anghobn, und das Malefizding hat gpfisfen, wie 's durch d' Lust 
gfahren is. 
„Jefses und Joseph! denk ich, das reißt dich in der Mitt vonnand, wie mit 
einer Kanonkugel, und kaum ich's denk, steht das Ding, groß wie a Wagenrad, 
vor mir still, draus zetsahrt's mit ein'm Knall, wie ein Donnerstreich und steigt ein 
schwarzer Mann daraus hervor, hab's gleich gwußt, daß der der meine is, denn 
er hat Bockshörndl, ein Geißbart, Pserdesüß, ein rauchen Leib ghabt, und ’n Kuh¬ 
schwanz hat er a nit dahoam lassen. 
„Ein Weil hab'n wir zwei ohne a Wartl nns geg'nseits beaugnscheint, wie a 
Paarl, wo sich keiner vom andern was Guts erwart, und ich für mein Teil hab 
damit wohl groß Recht ghabt, denn wär ich über sein schreckhafte Veranstalten 
etwas aus mein Bannkreis h'ransg'rennt, so hätt ich mich in Handumkehr einmal 
auch von rückwärts betrachten können, so sauber wutd et mit'n Kragen nmg'dteht 
hab'n. 
»Nachdem er gmetkt hat, daß's mit mein'm Gschrecktsein aus und vorbei is, 
fragt er mit einer zwidern Stimm, wie a Steuerbeamter, der ein wegn 'nt Einkommen 
z' Protokoll nimmt: „Was willst du?" 
„Durch den heillosen Spuk und dös Getös', was 'r vollführt hat, ganz wild 
word'n, hätt ich ihm bald was gschafft, was mer unter unsersgleichen gleich oft 
selber sagt, wie z' hören kriegt, aber doch keiner tut, noch leidt, rechtzeit is mer noch 
eingfalln, daß wohl gscheitet sein würd, mit ihm keine Matts’ z' machen, und ich 
sag also kurz: „Den Schatz will ich, der da vergraben liegt." 
„Da drüber laßt sich ja reden", sagt er, „aber wirst dran auch a Gnügu 
haben? Könnt'st anderswo leicht mehr finden!" 
„„Papperlapapp!" sag ich drauf, „'s gnügt mer vollauf. Was macht's denn 
aus?" 
„No", bescheidt er mich. — „'s is nur a irdenes Weinkrügel mit paar hundert 
Silbergulden". 
!) G'hällert = von Hall abgeleitet und meist in der Bedeutung eines zitternden, schwingenden 
Widerhalles gebraucht. 
2) Siech ^ sehe.
	        
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