Volltext: Innviertler Heimatkalender 1912 (1912)

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Tuchkappe mit „Ohrlascheln", im Winter band er letztere unter dem Kinn zu¬ 
sammen, im Sommer ließ er sie frei baumeln. Er rauchte aus einem mächtigen 
'Fladerkopf „Ordinären", eine Tabakssorte, die eigens erfunden zu sein scheint, um 
die Opferwilligkeit des Menschen darzutun, wo es gilt, lasterhaften Neigungen zu 
frönen; wäre Rauchen eine Tugend, so würde sich niemand dazu verstehen, dieses 
"rohgeschnittene, oft mit Schuhnägeln und Spagatschnüren vermengte Kraut zu 
qualmen. 
Die Pfeife begann zu schwingen und die Lappen der Mütze flogen dem Zirm- 
Ihofer um die Ohren, als er immer nachdrücklicher mit dem Kopfe schüttelte; endlich 
sagte er: „Oes1) befleißt's eng aber, ’n Gangerb) herbeizurufen." 
„Laß f' 'n rufen", lachte ein dicker Bauer, „er kimmt ja doch nit." 
„Wohl, wohl," nickte der Zirmhofer, „was sollt ’r auch? Heuttags is sein 
fanlenzete Zeit. Es is so wenig Christentum in der Welt, daß er ruhig in seiner 
Höll verbleiben kann, 's lauft ihm ja alles schar'nweis, von freien Stucken zu; 
aber in frühern Tag'n, wo noch Gottesfurcht im Land war, da hat er sich oft 
schwere Müh nit gereuen lassen, um so a arme Seel z' fangen. Und wer, in welcher 
Weif’ immer, amal mit ihm z’ tun g'habt hat, der erinnert sich all sein Lebzeit 
dran. Ich bin ihm in meiner Bubnzeit a as ’m Leim gangen, und ich kenn ihn, ich I 
tue ’n kennen. Halt ja." 
„Willst leicht mit ’m Leibhaftigen z' tun ghabt Halm?" rief es von mehreren 
Seiten. 
„Gwiß auch noch, Leutelu! Soll ’s Hemd af ’m Leib nit mein fein!" 
Die Gäste horchten verwundert aus, nur die Wirtin schmunzelte, sie hatte dem 
bis auf die Haut Durchnäßten ein Hemd aus der Wäschspinde ihres Mannes 
geliehen. 
„Guckt’s so verwuuderig, wie's wollts, aber ich sag eng, fünf «dreißig Jahrln 
mag’s her fein, wie ich zwanzig zählt hab, dös is so gwiß als was. Mir is’s 
damals just nit schlecht gangen, aber auch nit gut, und so wie wohl a jeder Mensch, 
hätt ich’s halt doch lieber gut ghabt. Na, wann mer jung is, da is mer so viel 
unbsonnen und meint, rauchet wie der Bär krnrat der Teufel auch kein Pelz haben. 
Kurz, ich hab mir eing’bild’t, der müßt auch mit ihm reden lassen, wann mer’s 
gscheit anstellt, und ich hab schon gwnßt, was ich ihm will. Dös war so. Wann 
gleich heuttags kein Glauben mehr draus is, so weiß doch wohl jeder, ’m Hörn- 
jagn nach, daß mer an einer Stell, wo nächtig Lichter herumg’tanzt sein, ein ver¬ 
grabener Schatz tiermut’t hat. Ein Öeften3), wann ich im Dunkeln ohne Mondschein¬ 
licht durchs Ghölz gstrichen bin, wo's selbe die ertrunkene Wiesen4) säumt, hab ich 
iort immer an ein’m und den nämlign Fleck drei Irrwisch tanzen gsehn. Holla, hab 
ich mir denkt, da schildwachten die armen Seelen bei thr'm z’ Lebzeit Eingrabnen, 
und weil ihnen in ihrer höllischen Livrei z' heiß wird, können f nit still halten 
und hupfen h’rum. Na, wart’s nur, Hascher, mit einsmal foll ’s Loch leer und der 
Tanz ans sein. Nämlich mir war um ’n Schatz, aber da ich gwußt hab, die Lichter sein 
nit die einzige Hut, unter der ein solcher stecht, sondern es haltet auch der Teuxel 
fein Pratzen drauf, so wollt ich dem ein gut Wörtl geht, daß er fein Haarete 
Pfoten davoutut und mir das Vergrabene freigab. No, is aber derselbe a hoher 
Herr, wie er denn auch „Fürst der Finsternis" und „Herr der höllischen Heerscharen" 
benannt wird, und es laßt sich nit so mit ihm reden, wie mit ein’m Michel oder 
Hans, und wer mit ihm anbandeln will, der rnuß’s in dem seiner Sprach und in 
i) Oes = ihr ; eng = euch, 2) Gangerl — der Teufel. 3) Eine Oeften — oftmal. 4) Er- 
trunkene, ersäufte Wiese, wo sich das Wasser in Menge ansammelt und den Graswuchs verdirbt.
	        
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