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preisen blühte natürlich das edle Handwerk der Schwärzer und wurde aus dem
Jnnviertel von Bauern viel Getreide über den Inn ins Nachbarland geschmuggelt.
Die Grenzsoldaten paßten ihnen scharf auf. So wurde in Ueberackern ein Bauer,
der nur vier Metzen Getreide über die Grenze bringen wollte, von dem Jäger, den
er im Quartiere liegen hatte, erschossen unb diese Heldentat von dem Hauptmanne
der Kompagnie überdies gelobt. Ebenso fiel ein Bauer in ©statten durch die Kugel
eines Grenzsoldaten, als er just vom Hause weg das Getreide zum Inn führen wollte.
Diese zwei Fälle empörten den biederen Fink derart, daß er beschloß, zum
Kaiser zu gehen unb ihn um Hilfe zu bitten. Er reiste im Herbste nach Wien,
blieb wie immer im Matschakerhof, ließ sich bei einem Schneiber schleunigst einen
seinen Rock machen unb mühte sich im Hotel ab, einen entsprechenden Aufsatz zu
versassen. Der ihm wohlgeneigte Portier des Kabinetsministers Grafen Wrbna besorgte
ihm durch seinen Sohn eine saubere Reinschrift. Durch General Stibschitz, den er
aussuchte, erfuhr er zur großen Ueberraschung, daß zwei Regimenter schon marsch¬
bereit seien, um den Getreideschmuggel im Jnnviertel zn unterdrücken. Er bat hieraus
den Grasen Wrbna, ihm bei dem Kaiser eine Privataudienz zu verschaffen, die ihm
auch nach einigen Tagen bewilligt wurde.
Ueber den Verlaus der Audienz lassen wir dem biederen Innviertler selbst das
Wort.
„Um 6 Uhr früh ging ich ins Vorzimmer des Kaisers. Man stellte mich nach
einer sehr alten Frau an. Vor dieser war noch ein sehr alter Prälat da, dann kam
noch ein Bischof, der mir erzählte, daß er nach ihm angestellt worden sei, daß er
schon drei Monate in Wien ans den Kaiser warte. Endlich ging die Tür ans, der
Prälat wurde hineingelassen, kam aber nach kurzer Zeit wieder heraus. Dann wurde
die alte Frau hineingelassen. Unterdessen kamen zwei Generale; die wurden aber
nicht angestellt und sprachen mit dem Kammerherrn. Dann erschienen zwei Herren
mit reichgestickten Ueberröcken.
Die Frau kam heraus und einer von den Beiden wurde eingelassen. Der
Kammerherr trat zu mir und sagte: „Diese Zwei müssen wir sogleich vorlassen, sie
haben viel zu tun; der erste ist der Polizeiminister, der zweite der Regierungs¬
präsident. Setzen Sie sich nur. Diese Beiden werden sehr lange zn tun haben." Ich
setzte mich und auch der Bischof. Wir diskurierten still und ich sagte zu ihm: „Die
zwei Generale werden wohl auch noch vor uns hineinkommen." Dieser Meinung
war auch er. Der Polizeiminister mag wohl eine halbe Stunde beim Kaiser gewesen
sein, der Regierungspräsident auch eine gute Viertelstunde.
Endlich ging die Tür auf. Der Kammerherr winkte mir, ich ging hinein. Der
Kaiser lachte und fragte mich, wie es mir gehe. Ich sagte: Gut! und fing von meiner
überreichten Vorstellung an. „Da liegt sie", sagte der Kaiser. Der Diskurs begann
nun. Wir kamen auf Verschiedenes. Der Kaiser zeigte endlich aus den Tisch hin:
„Da liegt der Antrag, den ich unterschreiben soll, um zwei Regimenter hinauf zu
schicken. Nach Ihrer Meinung aber brauchen wir sie nicht und ich werde sie auch
nicht schicken."
Der Diskurs ging nun weiter und ich sagte, wenn zwei Regimenter hinaus
kämen, würde noch mehr geschwärzt werden. Dieses wollte, der Kaiser nicht glauben.
Ich sollte ihm sagen, warum?
„Der Soldat kann auf dem Lande um sechs Kreuzer nicht leben, wie auch der
Kordonist mit vier Kreuzer nicht leben könne. Der Bauer ist ihm nur Dach und
Fach schuldig. Der Bauer sagt: Wenn Du mir mein übriges Getreide nach Bayern
hinüber bringen läßt, gib ich Dir auch zu essen. Die Not zwingt den Soldaten, daß
er ihm sein Getreide hinüber läßt. Dann hat der Bauer vielleicht noch einen Bruder oder