Volltext: Innviertler Heimatkalender 1911 (1911)

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in der Hausapotheke Medizinen. Dirnhofer machte den jungen Mann aufmerksam, 
wie gering im allgemeinen die Heilkraft der Medizinen fei, und gab ihm den Rat, 
sich der Chirurgie zu widmen. 
Mit Dornen war für den armen Studenten der Weg besäet, an dessen Ende 
der Doktorhut winkte. Aber die Entbehrungen machten ihn nicht verzagt, die Hindernisse 
steigerten feine Willenskraft und so kam doch der 13. Juni 1854, an dem Wein¬ 
lechner Doktor der Medizin wurde. 
Nachdem der junge Doktor acht Monate unentgeltlich praktiziert hatte, wurde er 
zum Sekuudararzt ernannt. Er war bald der Liebling feines Primarius, weichet 
ihm riet, sich an der Klinik als Operateur auszubilden. Im Oktober 1855 wurde 
Weinlechner Operationszögling bei Professor Schnh. Von einem solchen Meister 
konnte ein talentierter und ehrgeiziger Schüler viel lernen. Zwei Jahre arbeitete er 
an der Klinik. Er wurde Doktor der Chirurgie. Im Jahre 1859 wurde er zum 
Assistenten seines geliebten Lehrers ernannt. Nun trat er selbst als Lehrer auf. 
Seine Vorträge wurden auch von den Ausländern gern besucht. 
Im Jahre 1864 wurde er Chefarzt des Spitales, welches im Augarten für 
verwundete Offiziere errichtet worden war, und 1865 Primär-Chirurg im St. Annen- 
Kinderspitale. Lab ei studierte er fleißig weiter. Er wurde zum Dozenten der Chirurgie 
mit besonderer Berücksichtigung der chirurgischen Krankheiten der Kinder ernannt. 
Im Vereine mit Dr. Widerhoser wirkte er nun im St. Annen-Kinderspitale, indem 
er die Operationen vollzog und Vorlesungen über Kinderchirurgie abhielt. 
Nach dem Ableben des Professors Schuh wurde Weinlechner vom 8. Jänner 1866 
bis zum Eintreffen Theodor Billroths mit der Leitung der Klinik betraut. Das 
Kriegsjahr 1866 brachte ihm neben feiner klinischen Tätigkeit eine Fülle von Arbeit. 
Im Augarteu-Osstziersspitale war er ordinierender Arzt und im Johanniter-Spital 
in Kirliug Ordinarius. 
Am 3. April 1866 vermählte er sich mit Fräulein Leopoldine Lochner. Seit 
Oktober 1867 wirkte er als Primararzt an der 2. chirurgischen Abteilung und nach 
neun Monaten wurde er zum definitiven Primararzt des Rndolfsfpitales ernannt. 
Am 23. Juli 1873 wurde feine Ernennung zum außerordentlichen Professor an der 
Universität vollzogen. 
Seine wenigen Mußestunden nach sehr angestrengter Berufstätigkeit verbrachte 
Weinlechner am liebsten in dem reizenden Sparbach bei Mödling an der Seite seiner 
Gattin, im Kreise seiner zwei Söhne und drei Töchter. 1882 wurde er Primararzt 
im Allgemeinen Krankenhause. Als solcher war er mehr als 20 Jahre tätig und 
seine Abteilung erfreute sich einer gewissen Popularität. Bekannt sind die Verdienste 
Weinlechners um den Luftröhrenschnitt beim Croup der Kinder und um die Ein¬ 
führung der Bauchoperationen in Oesterreich. Weinlechner war auch Prüfer bei den 
Rigorosen. Legion ist die Zahl der Schüler, die sich unter ihm zu Aerzten heran¬ 
bildeten. Viele davon befinden sich heute in hervorragenden Stellungen. In der 
Gesellschaft der Aerzte hielt er häufig Demonstrationen und griff selbst in die Diskussion 
ein. Er veröffentlichte auch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten. 
Am 1. Oktober 1896 wurde er in Würdigung seiner Verdienste um die chirurgische 
Wissenschaft zum ordentlichen Professor der Chirurgie ernannt. Seinen Aerzten und 
Schülern war Weinlechner ein leuchtendes Beispiel ernster Pflichterfüllung. Die Sorge 
für feine Patienten war ihm die Hauptsache, die Rücksicht aus eigene Schonung und 
Erholung Nebensache. Wer unter ihm als Arzt wirken wollte, mußte wie er pflicht¬ 
eifrig, pünktlich und wahrheitsliebend sein. Bei seinen Kranken gab es keine Standes¬ 
unterschiede und Bevorzugungen. Weinlechner konnte, wenn man derlei von ihm 
erwartete, sehr rücksichtslos werden. Durch äußere Freundlichkeit konnte er sich über-
	        
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