Volltext: Innviertler Heimatkalender 1911 (1911)

jQ Jggga». Ql 
"b- AAA ÄAÄ 
Alte Cüirt$bausfd)ilder aus ltiattigbofen. 
Gewiß den meisten von uns ist das stimmungsvolle Bild Schwinds bekannt: 
die Hochzeitsreise. Du siehst in ein kleines, feines Städtchen! Häuser mit spitzem 
und Häuser mit geschwungenem Gibel stehen um den Marktplatz mit seinen Linden. 
Vom Gasthof, aus dem das junge Paar abfährt — in einer wirklichen Postkutsche! — 
siehst du nur den behäbigen Wirt und das schimmernde, kunstvolle Wahrzeichen: 
an eisernem Arme einen fein gefaßten Stern. Schau dir den heiligen Michael drüben 
an, wie der den Drachen erschlägt. Ist gar ein putziger Drache! Also nur das 
Schild des „Sternen" siehst du. Ist auch genug. Ist der so blank und schmuck, so 
wirds wohl drinnen auch blank fein. Und siehst du: Das Schild tuts wirklich! Die 
Leute finden den „Stern", wenn da auch nicht — wie das heute üblich ist — eine 
marktschreierische, prunkende „Grand-Hotel" Ueberfchrift das halbe Haus bedeckt! 
Ja, heute ists anders. 
Die alten Städte mit ihren Giebelhäusern und ihren Erkern haben ja über¬ 
haupt ein anderes Gesicht bekommen. In den Jahren 1860 bis 1888 entstanden in 
so manchen Ortschaften alle möglichen neuen Gebäude, die durch ihren aufdringlichen 
aus der Ferne geholten Stil das ganze behagliche Häuferwerk im Gesamteindruck 
empfindlich schädigten. Es lag eine Art Großtuerei in der Art des Bauens, weil 
man es den großen Städten gleich tun wollte. Das dritte Wort bei den Gemeinde¬ 
vätern war, „man muß dem Fortschritt huldigen", oder „die Zeit und der Verkehr 
verlangen es" und unter diesem Titel wurden gerade Banlinien festgesetzt, Türme 
und Festungsmauern niedergebrochen, gegen alles Malerische gewütet. Alte und 
nur ein paar Leute mit offenen Augen sahen, was für ein Schatz da verloren ging! 
Sie fingen an zu predigen, die einen mit Worten, die anderen mit dem Pinsel. 
Immer wieder malten Künstler die alten Häuser, die winkligen, aber doch so schönen 
Gassen, die plätschernden Brunnen, die alten, verwitterten Türme und Tore. Und 
in diesen Bildern suchten sie ben Leuten zu zeigen, wie schön das alles sei, dieses 
von den Vätern, aus der guten alten Zeit Ueberkommeue. Endlich gelang es! Heute 
sieht man das alles mit bewundernden Angen an und sucht alles so zu erhalten 
und zu bewahren. Ja, selbst wenn man Neues schafft, sucht man jetzt an den alten 
Dingen, die so schön zueinander passen, zu lernen. Die Häuser baut man jetzt wieder 
so, daß sie auch zu den alten, die schon in der Gasse oder auf dem Platze stehen, 
.passen; man gibt sich wieder die Mühe, hübsche Eisengitter zu machen; wenn mau 
einen Lieben hinaustragen muß zur laugen Ruhe, da kaust mau nicht so ein Dutzend¬ 
kreuz aus einer Gießerei, die gleich Hunderte solcher Kreuze nach ein und demselben 
Muster macht, sondern geht wieder zum'Meister Schmied und bestellt eins, das für 
den Toten paßt; so ists mit vielen anderen Dingen noch. Und so ists auch mit den 
Wirtshausschildern. 
Die Leute werden also wieder gescheit. Das Ding hat ja auch eine andere 
Seite! Dem Handwerker wird ja damit auch geholfen! Wenn solche Arbeit ist, 
da brauchen nicht alle in die großen Städte wandern und dort Fabriksarbeiter 
werden! Laß dir nur einmal erzählen, wies denen geht! — Der Handwerker bekommt
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.