Volltext: Innviertler Heimatkalender 1911 (1911)

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barfeit und besaß 268 Jahre sein Marktgericht, bis es ihm durch die Neuorganisation 
der Gerichts- und Verwaltungsbehörden vom Jahre 1849 abgenommen wurde. 
Das Marktgericht bildete für das Gebiet innerhalb des märktischen Burg¬ 
friedens den ausschließlichen Gerichtsstand der Bürger, Inwohner und Fremden. 
Dem Marktgerichte kam aber nur die sogenannte niedere Gerichtsbarkeit zu. Die 
hohe Gerichtsbarkeit, das Hals- und Blutgericht, war den landesfürstlichen Gerichten 
vorbehalten. Die Verbrechen, bie an den Leib gingen und Malefiz genannt wurden, 
waren größerer Diebstahl, Notzucht, Todschlag und Mord. 
Unter ber niederen Gerichtsbarkeit begriff man alle Fälle mit Ausnahme der 
Malefizhändel. Die Gerichtsbarkeit über bie Malefizhäubel würbe auch bie peinliche 
genannt, ba ihr bie Anwendung ber Tortur gestattet war. Die vom Meister 
Hans getane „kleine Arbeit" sollte bem Angeklagten bas Geständnis erpressen. Die 
Gelbstrafen, auch Wandel genannt, machte bie Gerichtsbarkeit zu einem einträglichen 
Vorrechte. Aus biefem Grunde mußte ber Markt jährlich ant St. Martinstage als 
Rekompensgelb (Ersatzgeld) für bie verliehene Jurisdiktion 40 Gulden rheinisch nach 
Burghausen abführen. 
Das Gericht in Burghausen bilbete bie höhere Instanz für bie Berufungen 
gegen bie Erkenntnisse ber Stabt-, Markt-, Land- unb Hofmarkgerichte. Dieses Gericht 
zweiter Instanz hielt in der Regel Quatember-Sitzungen. Die höchste Instanz war 
ber Lanbesherr selbst. 
Das Marktgericht verhanbelte alle Vergehen und kleineren Verbrechen, besorgte 
bie vogteilichen Briefserrichtungen, hatte bas Inventur- unb Siegelrecht, bie Vor- 
mnnbfchaftssachen, bie Aussicht über Elle, Maß unb Gewicht unb verhängte Polizei¬ 
strafen. Der märktische Gerichtshof bestaub aus betn Kämmerer als Vorsitzenden, 
aus bett vier Mitgliedern des inneren Rates unb bem Marktschreiber. Bei ber Ver¬ 
pflichtung eines neuen Marktfchreibers machte ber Kämmerer vor ber Eidesleistung 
ben Vorhalt, baß ber Marktschreiber bie Verhandlungsschriften des Marktgerichtes, 
bie Rats- unb Verhörsprotokolle orbentlich zu führen unb in seiner Verwahrung zu 
behalten habe. In biefem Gerichtsbuche sollen bie Verträge, Abschiebe (Erlebigungen) 
unb Urtel mit Fleiß eingeschrieben sein. 
Die gemeinen Schntbhänbel waren aus ben Mittwoch verlegt unb verhört. 
Anbere Verhandlungen sollen am Montag unb Freitag erlebigt werben. An diesen 
Verhörstagen hatten bie Parteien im Sommer schon von 6 Uhr morgens, im Winter 
von 7 Uhr ab im Rathause zu erscheinen, bamit Richter unb Rat nicht über bie 
zehnte Stunbe sitzen müssen. Währenb bieser Zeit waren bie Parteien mit Klag unb 
Antwort, mit Replik uttb Duplik abzuhören uttb bann war Bescheid zu geben. Die 
Partei konnte zwei Prokuratoren als Rechtsbeistänbe haben unb hatte für einen 
Vortrag, ben ber Prokurator, so zum Marktgericht geschworen, vor Richter uttb 
Rat gehalten, nur 6 Kreuzer zu geben. Ungeschworene Prokuratoren würben nicht 
zugelassen. Die Prokuratoren sollten auch ihren Parteien getreu raten, keinen Falsch 
gebrauchen unb vor betn Gerichte sich ber Ehrbarkeit behielten. 
Der Markt Hatte als Gerichtsherrschaft bie Siegel- uttb Fertigungs-Gerechtig¬ 
keit, kraft welcher Kämmerer uttb Rat allerhanb gerichtliche Instrumente uttb Urkunden 
fertigen unb mit eigenem Jttfiegel bekräftigen konnten. Durch ben Befehl vom 
26. März 1651 würbe ben vier inneren Ratsfreunben wegen ihrer vielfältigen Mühe 
unb Versäumnis bas sogenannte Siegel- unb Abschiebsgelb verwilligt. Diese Gebühr 
würbe nun von ben Parteien bei Ausstellung von Urkunden eingehoben. Starb 
jemattb, so mußte ber erbberechtigte Teil beim Marktgerichte um Sperre unb 
Jnveutursausnahme ansuchen. Wegen ber Inventur kam es zwischen bem Laub- 
gerichte unb bem Marktgerichte wiederholt zu heftigen Kompetenzstreitigkeiten. Das
	        
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