Volltext: Innviertler Heimatkalender 1911 (1911)

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Wenn der Leser die Zeichnungen dieser über 2000 Jahre alten Kulturerzeugnisse 
betrachtet, macht er sich keinen Begriff, wie schwer es war, ihm diese Bilder vor¬ 
zuführen. Durch die Schwere des Hügels, der auf dem Grabe lastet, sind die Gefäße 
zerdrückt, durch die Wurzeln auseinandergeschoben, durch das Ausstocken zerstreut. 
Das schrecklichste aber ist es für den Ausgräber, wenn ihm ein Fuchsbau alles ver¬ 
wüstet und durcheinander gebracht hat. Da ist nun guter Rat teuer, da heißt es 
alle jene Kenntnisse und Erfahrungen zusammen nehmen um, die Scherben zu 
ordnen. Gerade Lehmhügel erhalten die Gefäße besser und es bleibt das meiste bei¬ 
sammen, so daß man nach oberflächlichem Reinigen die Form des Gegenstandes erkennen 
kann. Darauf löst man von allen Seiten die Erde, unterfängt das Stück mit der 
Schaufel und gibts in ein Tuch. Auf diese Weise bleibt alles beisammen. Sehr zu 
empfehlen ist bei regelrechtem Ausgraben, daß man zuerst alle Funde wie auf einem 
Seziertische freilegt, alles zeichnet und mißt und dann erst, wenn man sich ein Bild 
verschafft hat, aus Einpacken denkt. „Ja so eine Ausgrabung ist schön, im Freien 
den ganzen Tag tätig sein, Interessantes finden, das Leben, das Essen und Trinken 
im Wald und die Besucher von nah und fern!" Wer so spricht, hat ja sehr recht, 
der hat zugesehen. Für den gewissenhaften Ausgräber kommt zuhause die Haupt¬ 
arbeit, von der nur der Eingeweihte eine Ahnung bekommt. Zuerst trocknet man die 
Scherben, löst die Erde oder den Lehm ab, bürstet sie, sortiert die Wand-, Boden- 
und Rumpfstücke. Dann folgt die Messung der einzelnen Gefäße: Höhe, Breite, 
Rand, Durchmesser, Boden rc. und die Zeichnung oder der Hauptriß. Das wäre 
ja noch ganz erträglich, aber das Zusammensetzen mit Schnsterpapp, Synthetikon rc. 
Da gehen auf einmal eine ganze Menge Stücke ab, die überhaupt nicht gefunden 
wurden und man muß froh fein, wenn man nur die Hauptstücke vom Rand und 
Boden vollständig vorfindet. Dann gehört viel Zeit dazu und ich rate dem, der sie 
nicht hat, das Ansgraben lieber den öffentlichen Museen zu überlassen, welche das 
Geld haben, in einer Fabrik, die sich nur mit Töpfe Zusammensetzen abgibt, sich ihre 
Funde zusammenfügen zu lassen oder selbst in eigener Regie alles zu besorgen. 
Wenn ich mich zurückerinnere an die Zeit, wo ich vor die schwierige Ausgabe 
gestellt ward, sachgemäß auszugraben, muß ich immer Dank erfüllt meines Lehrers 
I. Naue in München, des Vaters der bayrischen Vorgeschichtsforschung, gedenken. 
Er war es, der mich in die Geheimnisse der Keramik einführte und der zeitlebens 
mir Freund und Berater war. 
Besprechung der auf der Tafel abgebildeten Gefäße: 
Von den 19 Nummern gehören Nr. 15—19 der jüngeren Bronzezeit an, 
zum besseren Verständnis habe ich ein B. davorgesetzt. Ueber jeder Zeichnung ist die 
Nr. und rechts unterhalb gestellt die natürliche Größe angegeben. 
1. Sehr hübsch verzierte Prunkschüssel. Innere Seite glänzend schwarz graphitiert, 
die Gnirlandenmnster sind eingeritzt und die Punkte mit einem abgekanteten Instrument 
aufgedruckt. Die Kehrseite der Schüssel rot gefärbt mit graphitierten Zickzackstreisen 
bemalt. Oberhalb der Abbildungen habe ich das Profil gezeichnet. Grabfeld Roith. 
2. Dunkelgefärbte Urne. Grabfeld Teichstätt, ausgegraben von Uhrmacher 
Äsen, Heiligenstatt. 
3. Urnenartiges Gesäß verziert. Aus Teichstätt. 
4. Heukeltasse, eine Eigentümlichkeit dieser Gruppe. 
5. Dunkel gefärbte Urne mit geschweiftem Boden. Grabseld Ochsenweg bei 
Rotenbnch a. I. 
6. Glänzend schwarzes Gesäß, eigenartige seltene Form. Grabseld Roith bei 
Ranshofen. 
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