Volltext: Innviertler Heimatkalender 1911 (1911)

luat Werben um kriegerischen Preis im Kampf und Turnier. Wer ungenügsam sich 
in seiner Kraft fühlte, der strebte aus dem Bauu des Zaunes und der heimischen 
Feldmark, um lieber andere zu schlagen als selbst geschlagen zu sein. Auch der Sohn 
des Bauern zog als reisiger Knecht in die Burg und dachte darauf, den Rittergurt 
umzuschnallen. Dies Aufstreben in den Ritterstand erregte wieder Zorn und Spott¬ 
lust der Edlen und ihrer Vasallen, es verdarb das Selbstgefühl des Landmannes, 
es stand ohne Zweifel den Begehrlichen sehr oft übel an und machte titele ruchlos 
und schlecht. Es fand unter den Bauern selbst, welche über ihre Scholle schritten 
herbe Beurteilung, nicht mildere bei ernsthasten Dichtern und Bolkspredigern: es 
war doch ein nicht auszuhaltender Prozeß. 
Eine der merkwürdigsten Ueberlieferungen aus dem 13. Jahrhundert wirft ein 
scharfes Sicht auf diese Verhältnisse. Sie ist uns in poetischer Form Überliefert, tn 
einem Gedicht, das als Zeitgemälde von höchstem Wert ist, auch als Dichtung von 
großer Schönheit. Der diese Dorfgeschichte zwischen den Jahren 1234 und 1250 
niederschrieb, nennt sich selbst Wernher der Gartenäre. 
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Mau hat lange geglaubt, es habe sich wirklich ereignet, was im Gedichte erzählt 
wird, und berief sich daraus, daß jct wirkliche Ortsnamen genannt würden: in der 
einen Handschrift Wels, der Traunstein, Leombach, in der anderen Wanghansen 
(gegenüber Burghausen). In dem Dichter wollte man einen Klostetgetstltchm aus 
Ranshosen erblicken; das Gedicht spiele also im Jnnviertel und sei auch hier ent¬ 
standen. Die Erkenntnis, daß beide Annahmen irrig sind, verdanken wir Konrad 
Schifsmauu (vgl. besonders Wiener Zeitung vom 2. August 1907). Schiffmann nimmt 
an, die Erzählung sei mehr ein Schulbeispiel, ein Spott aus Vorgänge, wie sie öfter 
vorkamen, gepaart mit einer kleinen Verherrlichung des Richteramtes. Es ist also 
vergebens, nach einem bestimmten Helmbrecht zu fnchen; es gab solcher „Helm¬ 
brechte" viele. Ist es schon schwer zn sagen: welche Namen sind denn die älteren 
(jede Handschrift hat ja andere), so zeigt Schiffmann vollends, daß wahrscheinlich m 
keiner Handschrift das echte steht, daß beide geändert haben, daß in der Ätzten 
Form des Gedichtes ganz andere Namen genannt waren. Der vermutlich erste Besitzer 
der einen Handschrist (B), Hans der Meurl aus Schloß Leombach im Traun¬ 
viertel, Landrichter ob der Enns, ist wahrscheinlich aus Schwaben eingewandert; 
ein anderer Besitzer derselben Handschrist Joh. Hauczeudörsser läßt sich nur ttt 
der Oberpfalz nachweisen. — Daß die andere Handschrift (W) an Stelle Leubeu- 
bachs (-Leombach) Wanghausen nennt, erklärt sich vielleicht daraus, daß der Land¬ 
richter im Gebiete von Wanghausen: Ulrich der Grans, dem die Vorlage dieser 
Handschrift wahrscheinlich gehört hat, der Schwager eines Hauzendörfers war (1374), 
von diesem also leicht das Gedicht entlehnen und in seiner Abschrift Rainen aus 
seiner Gegend einfügen konnte. .Schiffmann kommt endlich zu dem durch zehn Gründe 
gestützten Schlüsse, daß die Heimat des Gedichtes die Oberpfalz sei. Für unv 
verliert deshalb das Gedicht nicht an Bedeutung. Abgesehen davon, daß in der 
jetzigen Form des Gedichtes nun doch einmal Orte aus dem Inn- und Trauuviertel 
genannt sind, müssen wir doch sagen: hätten die im Gedicht geschilderten Verhält¬ 
nisse aus unsere Gegend nicht zugetroffen, so hätte man wohl auch nicht Namen 
aus unserer Gegend für die alten eingesetzt. Das Treiben der Raubritter, das Leben 
der Meier (nicht der Bauern selbst) war auch bei uns so, wie es das Gedicht 
schildert. — Es sei noch aus die gute Übersetzung des Gedichtes von Dr. K. Schiff¬ 
mann hingewiesen. (Linz 19051, 19102, Selbstverlag?) 
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i) Dieser Abschnitt wurde von den Herausgebern des Kalenders eingeschaltet.
	        
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