Volltext: Innviertler Heimatkalender 1911 (1911)

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Händen ziehen. Auch hatte ihm das Unterrichtsministerium den Auftrag erteilt, ein 
Lesebuch für Volksschulen auszuarbeiten und dafür ein ansehnliches Honorar gezahlt. 
In Salzburg, wo sich Stelzhamer wegen Benutzung der Studienbibliothek 
längere Zeit aufhielt, starb 1856 seine Gattin. Dieser Schicksalsschlag traf den 
Dichter um so härter, als er sich an ein geordnetes Heimwesen gewöhnt hatte und mit 
der Idee beschäftigte, seine Haupttätigkeit der Dorfgeschichte zuzuwenden. Mehrere 
Erzählungen und Novellen, welche er auf diesem Gebiete veröffentlichte uni) auch sein 
Buch „Heinigarten" lassen erkennen, daß er auch dafür das richtige Zeug besessen 
hätte und so ein wohlhabender Mann geworden wäre, wie mancher weit minder 
begabte Autor. 
So wanderte er abermals, wie einstmals Walter von der Vogelweide oder der 
Nürnberger oder die fahrenden Musikanten, die nach dem Vorbilde der Apostel zu 
.Fuß fürbaß von Stadt zu Stadt, von Stift zu Stift zogen und nicht verfehlten, 
unterwegs bie Kunst bei einem Psarrherrn zu grüßen, durch Oberösterreich und das 
Salzburgische, wobei Linz, Wels, Lambach, Vöcklabruck und Salzburg die Haupt¬ 
stationen waren. Es ging ihm zeitweilig wieder recht knapp zusammen und oft 
waren ihm alle Auswege verlegt. 
Da wollte er einmal von einem Freunde, welcher ein gewandter Rechenmeister 
war, dreihundert Gulden ausleihen. Der Freund meinte, keiner der Bekannten und 
Verehrer des Dichters würde eine so große Summe entbehren können, aber wenn 
Stelzhamer dreißig Bekannte auftreibe, von denen jeder ein Bändchen seiner Gedichte 
mit zehn Gulden honoriere, wäre die Summe beisammen. Sofort zog Stelzhamer 
aus seiner Rocktasche ein Gedichtbändchen hervor und bat den Ratgeber, den An¬ 
sang mit der Honorierung zu machen. Da gab es keine Ausflucht, sondern nur ein 
Herauslangen einer Zehn-Guldenuote aus der Brieftasche. 
Im Jahre 1862 widmete bekanntlich der oberösterreichische Landesausschuß 
dem heimatlichen Dichter einen jährlichen Ehrensold von 400 Gulden, welcher 1872 aus 
500 Gulden erhöht wurde. Seit 1864 bezog er auch ein Stipendium seitens des 
Ministeriums für Kultus und Unterricht von 600 Gulden. 
Im Jahre 1868 heiratete Stelzhamer ein zweitesmal und richtete sich in dem 
abseits von der geräuschvollen Heerstraße gelegenen Henudors bei Salzburg häuslich 
ein. Hier ist er am 14. Juli 1874 gestorben, Nur gar zu gerne hätte er ein eigenes 
Heim besessen. Den ersten Baustein zu einem solchen Besitztum wollte er durch Heraus¬ 
gabe seiner Dichtungen in der Schriftsprache beschaffen, von denen er sich besseren 
materiellen Erfolg versprach als von seinen Dialektdichtungen. Der Baud ist auch 
bei Cotta in Leipzig unter dem Titel „Liebesgürtel" (Hochdeutsche Lieder, vermehrte 
Ausgabe, Nachlaß 1876) erschienen, aber die goldenen Berge, die sich der Verfasser 
versprach, kamen nicht zum Vorschein. 
Im Herbste 1872 stand die Erfüllung feines Lieblingswunsches nahe. Anläßlich 
seines siebenzigsten Geburtstages wollten ihn Freunde und Verehrer seiner 
Muse mit einer Summe überraschen, welche zum Ankaufe eines Landhäuschens samt 
Garten hingereicht hätte. Aber der Dichter lehnte die im Wege der Zeichnung 
gesammelte Ehrengabe mit dem Bedeuten ab, er wünsche sich ein schönes Bauern¬ 
anwesen, wie ein solches unter zwölstauseud Gulden nicht zu haben war. Damals 
vereitelte der Bauernstolz des Poeten wie öfter schon die gute Absicht, sein Dasein 
zu verschönern und ihm Freude zu machen. 
Eine der schönsten Dichtungen Stelzhamers ist betitelt: „Mein Vatern seine 
Wünsch' und wie s' ihm ausganga fand." Er schildert da, wie sein Vater auf dem 
Residenzplatz in Salzburg zu seiner größten Verwunderung einen vornehmen Herrn 
in einer Sänfte auf die Festung Hohensalzburg tragen sah. Das dünkte ihn ein
	        
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