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Mochte der eine der Kommilitonen, durch Verdienst und Schicksalsgunst in die Höhe ge¬
kommen, zu Ehren, Würden, Einfluß und Vermögen gelangt sein, während ein anderer
mit einet bescheidenen Existenz sich zusrieden geben mußte, ein dritter als Ausnahms¬
mensch, tote Franz Stelzhamer, einen steilen, dornigen Pfad wandeln. Keiner Uetz
dem ehemaligen Mitschüler fühlen, daß er es weiter gebracht habe, alle waren von
gleicher Herzlichkeit und Aufrichtigkeit zu einander beseelt, eine wohltuende Erscheinung,
welche in unseren Tagen zusehends seltener geworden ist. ,
Stelzhamer hatte einen merkwürdigen Wandertrieb, der sonst nicht Jnnviertler-
art ist. In Graz wollte er Jura studieren, doch fand er an dem römischen Rechte
als einem Kunstrechte wenig Gefallen. Seiner Mutter zu liebe versuchte er es mit
der Theologie, ließ sich im Seminar in Linz als Externist aufnehmen, trat nach zwei
Jahren wieder aus, schloß sich, wie einstmals der Wiener Stegreifdichter Gottfried
Prehauser, einer Komödiantenbande an, wo seines Bleibens auch nicht war, und
zog dann in der weiten Wett umher, in Dorswirtshausem und Pfarrhöfeu Einkehr
haltend und feine ©'fanget in obderennsischer Mundart zum Besten gebend. Ein
Poet von seiner Begabung konnte nicht unbeachtet bleiben. Schon mit seinem ersten
Liederbüchlein, das 1837 gedruckt wurde, hatte er bereits sämtlichen Bolksdichtern,
die in derselben Richtung arbeiteten, den Rang abgelaufen. Nun konnte er, wen
fchon rühmlich besannt, feine Wanderungen weiter ausdehnen nach München, Stuttgart,
Wien, wo er Subskribenten für seine mundartlichen Dichtungen sammelte. Seit
September 1842 trat er als Vorleser aus, anfänglich allerdings nur von einem
kleinen mit der Denk- und Anschauungsweise seines Heimatlandes vertrauten Anhang
gehörig gewürdigt. Wer ihn das rührende Lied ,,S' schwäre Herz" hat vortragen
hören, wird ben Zauber nie vergessen haben, welcher von echter Poeste ausgeht.
Ein Gedicht hat er meines Wissens nie im Vorlesesaal vorgetragen: Das
„Muedastübl". Hier zittert aus jedem Verse eine Träne als Tautropfen. Er tröstet
da die Mutter, der es fo weh tat, daß die Leute sagten: mit dem Dichten komme
keiner auf einen grünen Zweig, das trage nichts ein, mit den Worten: Es hat
schon was tragn und tragt ma nu mehr — Mueta, 's Geld is a Spatfrucht, sein
Blueblaiu haißt Ehr! _ r
Gute Freunde, die nicht einflußlos waren, gaben sich redlich Muhe, Stelz¬
hamer eine staatliche Bedienstung zu verschaffen. Er wollte sich aber durch kein Amt
■ binden lassen und hätte auch zum Bureaumenschen nicht gepaßt. In emem Gedichtchen
,,N' Vogl sein Frühliugsg'sang" hat er dies resigniert eingestanden in den Versen:
Frei g’töbt und frei g’storbn,
Frei g’funga den G'fang,
Und äst nöt viel sorgn,
Währts kurz oder lang.
Währts lang oba kurz,
Gehts schlecht ober guet:
So a Vogl is a Vogel
As liegt halt im Bluet.
Im Jahre 1845 heiratete Stelzhamer bas erstemal, eine äußerst sorgsame
unb wirtschaftliche Frau unb nahm feinen staubigen Aufenthalt in Rieb. Es kamen
damals ganz anstänbige Buchhänbler-Honorare ins Haus unb auch bie Vorträge,
welche der Dichter aus feinen Runbreisen, begleitet von feiner Frau, veranstaltete,
waren vielbesucht unb oon gutem pekuniären Erfolg. Herzog Max in Bayern, welcher
an ben munbartlichen Dichtungen viel Gefallen fanb, ließ ben Poeten me mit teeren