Volltext: Kurze Geschichte des Volksschulwesens des Stadtschulbezirkes Linz

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unterricht mit Latein begonnen. Nicht nur der „rector scolarum“ 
und der „curialis vir“, auch andere Linzer Schulmeister waren sicherlich 
lateinkundig. Aber im besonderen Ansehen scheint die Schule von 
Linz zu Beginn der Neuzeit nicht gestanden zu sein. Wir haben 
nämlich Nachrichten, daß nicht nur die adeligen Stände ihre Söhne viel¬ 
fach fort und zwar sogar bis nach Nürnberg und Wittenberg schickten, 
sondern daß auch Linzer Bürger ihre Söhne wiederholt in die Fremde 
„zur Lernung" gaben. So sand ich im Stadt-Archiv in bisher noch 
nicht gesichteten Urkunden aus dem 15. und 16. Jahrhundert auch zwei 
Briefe aus Wien, die uns vom mißlichen Geschick eines Linzer Kost¬ 
schülers melden. 
Der Wiener Caplan Achatz Peham von Ulrichkirchen schrieb 
nämlich an den Linzer Stadtrat, er habe über Bitten des „Bernharten 
Trebnig pnrger zu Linz", dessen Söhnlein beim Schulmeister Georg 
Raznyg zu St. Steffan „eingedingt". Es waren für Kost, Herberg und 
Lernung 26 Pfund jährlich vereinbart worden. Nun sei aber schon im 
Vorjahr der Vater des Kindes ohne merklichen Nachlaß gestorben. Ob¬ 
wohl nun die Heimsendung des Knaben beantragt worden war, hatte 
man das Kind nicht geholt, so daß die Schulden beim Schulmeister 
bereits auf 73 Pfund 4 Schilling angewachsen seien. Der Schulmeister 
bringe auf Zahlung und er (der Caplan) bitte darum. Jedoch die 
Ratsherren von Linz wollten von ber Begleichung nichts wissen, son- 
bern beantragten, bet Wiener Schulmeister möge sich burch Pfänbung 
von bem Knäblein gehörigen „zwo mctbrert schauben" (Kragen aus 
Marbersellen) schadlos machen. Die Wiener Kürschner erklärten aber 
die Pelze für alt und minderwertig. Der Stadtrat hingegen blieb 
bei feiner Weigerung, bis sich der Wiener Schulmeister sogar an den 
Kaiser Maximilian wandte. Dieser befahl denn wirklich in einem 
eigenen Schreiben von Wien am „Eritag vor Gotsauffarttag 1518", 
daß die Linzer die Schuld an Meister Razenperger (nennt ihn der 
Kaiser) bezahlen mußten. Glückliche Zeit, in der sich der Kaiser noch 
um die Schulden eines Kostschülers kümmern konnte! 
Ein zweites interessantes schulgeschichtliches Zeitbild erfahren 
wir von einem gebildeten Linzer Bürger des 16. Jahrhunderts aus 
feinet selbstverfaßten kurzen Lebensbeschreibung. 
Im früheren Musealatchiv, jetzt im Landesarchiv, sind wertvolle 
Handschriften der alten Linzer Familie Hueber erhalten; darunter ein 
Haus- und Erbauungsbuch, das Christoph Hueber im Jahre 1565 
seinen Kindern „gestellt und geschrieben" hat. Auf der ersten Seite 
steht der väterliche Mahnspruch: Wollt Ihr, o liebe Kinder mein,
	        
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