62
schon vorhanden gewesen, hätte man sich die Malerei erspart.
Zweitens hätte man die 13 Bilder nicht unterbringen können, weil
ja damals das Fenster über der heute in die Annakapelle führen¬
den Türe noch offen war. Vielleicht haben die eingeleiteten
Nachforschungen in Rom den Erfolg, daß man die Vorbilder
dort findet. Ist dies nicht der Fall, dann bleibt nur die eine
Hoffnung, daß bei einer gründlichen Restaurierung Anhalts¬
punkte gefunden werden. Die Bilder find heute ganz übermalt
und, wie die gemachten Proben ergaben, durch diese Uebermalung
ganz verändert. Es blieb nur die Komposition im allgemeinen,
alle die barocken Zutaten werden nur auf Konto dieser Ueber¬
malung zu setzen sein. Hoffentlich wird es ermöglicht, daß
wenigstens eines der Bilder sein ursprüngliches Aussehen wieder
erlangt. Aus dem rückwärtigen linken Bilde bei der Orgelbrüstung
ist über einem Torbogen folgendes Zeichen mit Jahreszahl:
I. F. G R
1 7 M 6 1.
Es wird das Jahr der Uebermalung sein. Die Art der Ueber¬
malung steht übrigens auch mit der Komposition in Widerspruch,
da zu letzterer das Können des Malers nicht ausgereicht hätte.
Wie idem auch sei, diese Bilder sind schon durch die Darstellung
— das Martyrium der Apostel — eine Merkwürdigkeit, die ich
bisher, auch nicht in ähnlicher Art, noch nirgends angetroffen
habe. Auch wenn sie nicht in direkte Verbindung mit Pius II.
gebracht werden können, so bestünde doch ein Zusammenhang,
weil sie ihm zum Gedenken hergestellt wurden.
Feingedrechselt sind die Distichen, die auf separaten Schrift-
tafeln unter den Bildern angebracht sind. Die Lebhaftigkeit von
Geist und Witz, die in diesen Distichen funkelt, zeigt südliche Glut
und beweist ebenso italienische Herkunft wie Lebendigkeit in
Szenerie und Aufmachung in den Kompositionen der Apostel-
bilder. Das Distichon für den hl. Bartholomäus, dessen Namen
Pius II. in der Taufe als Nebennamen erhielt und den er zeit¬
lebens als Patron verehrte, zeigt überraschend auf Pius als Ver¬
fasser hin: „Impietas, quid agis, laniando Bartolomäum? Sub
cute quem quaeris? Bartolomäum meum.“ (Frevelnder Mut,
was beginnst du, zerfleischend den Bartholomäus? Wen suchst
unter der Haut? Meinen Bartholomäus.)