Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Ausgang der Schlacht bei Limanowa-Lapanów ; 1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ; (1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ;)

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Der Feldzug von Limanowa-£apan<5w 
durch eine solche Operationsrichtung vor Warschau gewiß manche Kräfte¬ 
zersplitterung vermieden worden. Freilich hätte das Kräfteverhältnis 
zwischen den Verbündeten und den Russen auch dann auf keinen Fall hin¬ 
gereicht, eine Entscheidung zugunsten jener herbeizuführen. 
Mit dieser Feststellung wird die Kardinalfrage der weiteren Krieg¬ 
führung berührt: die einer Verlegung des deutschen Schwergewichtes von 
Westen nach Osten. Conrad und Hindenburg sind nachdrücklich für diese 
Lösung eingetreten. Die offizielle reichsdeutsche Kritik1) stellt sich bei 
erschöpfender Kenntnis der Lage im Westen bedingungslos an die Seite 
der Ostfeldherren. Der weitere Feldzugsverlauf in Westpolen und Gali- 
zien berechtigt zweifellos zur Auffassung, daß rechtzeitiges Zuführen 
ausreichender Verstärkungen aus Frankreich den Dingen eine wesentlich 
eindrucksvollere Wendung hätte geben können, als dies mit den vor¬ 
handenen und nur allmählich zufließenden Kräften möglich war. 
Der große Gedanke, die russische „Dampfwalze" gegen Schlesien 
und Posen nachzuziehen, um ihr von Thorn aus in die Flanke zu fallen, 
stammt zweifellos vom Oberbefehlshaber des deutschen Ostheeres 2). Con¬ 
rad fiel es zuerst nicht leicht, sich so raschen Entschlusses jeglichen Boden¬ 
gewinnes zu begeben. Hatte er ja doch noch nicht alle Hoffnung auf das 
Fortschreiten des Südflügels verloren ! Als dann aber die Lage im Weichsel¬ 
lande nicht mehr zu halten war, zögerte auch der öst.-ung. Chef des Ge¬ 
neralstabes mit der ihm eigenen Großzügigkeit keinen Augenblick län¬ 
ger, entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen. Für den Vorschlag des 
Bundesgenossen, in der Linie Przemysl—Krakau eine nach Norden ge¬ 
richtete Flankenstellung zu beziehen, war er freilich ebensowenig zu ge¬ 
winnen wie für den gleichfalls vom deutschen Oberbefehlshaber aufge¬ 
worfenen Plan, den Russen gegen Schlesien hin die „Klappe" zu öffnen, 
um sie desto sicherer in die ihnen gestellte Falle zu locken. Gegen das eine 
wie gegen das andere führte die k. u. k. Heeresleitung die schon in der 
Darstellung angegebenen Gründe ins Treffen (S. 505 und 509). Unbeug¬ 
sam setzte sie ihren Willen durch, die Masse des eigenen Heeres beider¬ 
seits von der Weichsel gegen Westen zurückzuführen. Das Streben, die 
Verbindung mit dem deutschen Ostheer keinen Tag lang aufzugeben, 
zeitigte sogar — durch Überführung der 2. Armee in den Raum nördlich 
von Czenstochau — eine noch stärkere Entblößung der Karpathenfront, 
als sie sich aus der ursprünglichen Lage ergab. Die zwei Korps Böhm- 
1) R e i c h s a r c h i V, V., 553 ff und 582 ff, VI, 94 ff, 255 f, 364 ff, 413 ff, 433 ff. 
2) Vergi, das Schreiben des Gdl. Bolfras an Conrad, Wien, 14. Oktober 1914 bei 
Conrad, V, 154, und das Gespräch Conrads mit Obst. Metzger, 17. Oktober, V, 172.
	        
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