Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Ausgang der Schlacht bei Limanowa-Lapanów ; 1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ; (1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ;)

Betrachtungen 
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Beim XIV. Korps, dessen Anstrengungen wieder von keinem Heeres¬ 
körper der Armee übertroffen wurden, zählte am Schlüsse der Sankämpfe 
keines der Regimenter erheblich mehr als 2000 Mann, die meisten hielten 
um 1500 Streiter. Beim XVII. Korps betrug der Verlust in den Kämpfen 
südlich von Sieniawa etwa 3000 Mann. Allgemein wurde über den 
drückenden Offiziersmangel geklagt. Der Reservefähnrich als Kompagnie¬ 
führer, der junge Leutnant als Bataillonskommandant gehörten schon zu 
den alltäglichen Erscheinungen. Die Spannkraft der Offiziere litt sicht¬ 
bar unter dem Druck der Verantwortung, der keinen Augenblick nachließ. 
Aber diese Verhältnisse, die — vielleicht von besseren Mannschafts¬ 
ständen abgesehen — vielfach auch beim Feinde herrschten, würden allein 
nicht hinreichen, das unbefriedigende Ergebnis der Sankämpfe zu erklären. 
Die Ursachen sind vor allem auf dem Gebiete der niederen Gefechtsführung 
zu suchen, die ihrerseits wieder in erster Linie durch die artilleristische 
Unterlegenheit beengt war. Die Klagen über die Unzulänglichkeit der 
artilleristischen Unterstützung erfüllten immer wieder, bis zur Ungerech¬ 
tigkeit, die Berichte der Truppe. Ihre Begründung erhielten diese Klagen 
durch den würgenden Munitionsmangel. Nicht selten mußten Batterien 
mitten im Kampfe verstummen, da sie nur mehr über ein paar Schuß ver¬ 
fügten. Aber auch die Beweglichkeit der Artilleriewaffe hatte durch das 
große Pferdesterben bedenklich gelitten. Diese Übelstände führten stets 
aufs neue dazu, der Infanterie mehr zuzumuten, als ihr füglich zugemutet 
werden durfte. Bei Rudnik stand gegen eine Minderheit von anderthalb 
russischen Divisionen ein infanteristisch mehr als doppelt so großes Kraft¬ 
aufgebot, dem hervorragende Regimenter angehörten. Aber die Masse 
machte es nicht aus, und auch die Opferbereitschaft des einzelnen Kämpfers 
erlahmte gegenüber der Wirkung der auf dem Ostufer überhöht postierten, 
nicht faßbaren feindlichen Artillerie und der trefflichen Ausnützung des 
Kampffeldes durch die Russen. 
Es wäre gewiß zu viel gesagt, wenn man behaupten wollte, die Truppe 
habe sich im Oktoberfeldzug 1914 in einem Zustande taktischer Wehr- 
losigkeit befunden. Aber ein erhebliches Maß von Unsicherheit in der Wahl 
des Kampfverfahrens und der Kampfmittel drückte zweifellos nicht nur 
dem Ringen am San, sondern beinahe allen von öst.-ung. Truppen in diesen 
Wochen durchgefochtenen Schlachten seinen Stempel auf. Die Erfahrungen 
des ersten Feldzuges hatten vieles von dem, was Truppe und Führung 
an Friedensausbildung besaß, über Nacht umgeworfen. Aber es hatte sich 
zunächst weder die Zeit noch die Möglichkeit gefunden, an die Stelle des 
Alten Neues zu setzen. 
I 2. Aufl. 
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