Die Russen öffnen die Blockade
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von dem Feuer aus den Werken am Mogilkirücken zurückgeworfen, bei
Ro£ubowice in ein Minenfeld und wurde dabei übel zugerichtet. Auch der
russischen 3.SchBrig., die sich an der Südfront bei Grochowce bis auf
300 Schritte an die Verteidigungslinie herangeschoben hatte, erging es
nicht besser. Sie schmolz im Abwehrfeuer der Verteidiger zusammen und
mußte in Auflösung zurückweichen. Als es Vormittag wurde, war die
braune Flut verebbt.
In der Nacht auf den 8. Oktober gingen die Russen auch gegen die
Nordfront vor. Aber diese handstreichartig angelegten Angriffsversuche
mißglückten im Feuer der wachsamen Verteidiger. Ein gleiches Schicksal
hatte ein nochmaliger, um 2h nachm. gegen die Werke der Siedliska-
gruppe angesetzter letzter verzweifelter Angriff. Dann ließen die Russen
vom Streite ab und gingen aus ihren Sturmstellungen in die Einschließungs¬
linie zurück *■). War die Lage am 7. abends dem Festungskmdo. auch noch
nicht geklärt, so schienen sich beim Feinde doch schon die ersten Ein¬
wirkungen des nahen Entsatzes fühlbar zu machen.
Anordnungen für den Entsatz von Przemysl
(7. und 8. Oktober)
H i e z u Beilage 16
Als am 7. Oktober die öst.-ung. Heeresleitung aus den bisherigen Ge¬
schehnissen das Ergebnis zog, mußte sie sich sagen, daß die Hoffnung,
russische Kräfte in Mittelgalizien durch doppelte Umfassung zu stellen
und zu schlagen, auf ein Mindestmaß herabgesunken war. Wenn sich noch
eine Gelegenheit bot, so war dies höchstens im engeren Umkreise von
Przemysl der Fall, wobei allerdings auch hier sehr rasch zugegriffen
werden mußte. Die Festung sollte nach dem Wunsche Conrads bis längstens
12. Oktober entsetzt sein. War dies geschehen, dann hielt der General¬
stabschef den Augenblick für gekommen, die sich zusehends verstärkende
1) Wie Tscherkassow (Der Sturm auf Przemysl, 128 f), mitteilt, hat Kon¬
stantin Iwanow Welischko in seinem Werke „Die Festungen im Weltkriege" die
russischen Verluste bei dem dreitägigen Sturm auf Przemysl mit 20.000 Mann an¬
gegeben. Tscherkassow hält diese Ziffer als zu hoch gegriffen und berechnet auf Grund
der von drei Divisionen vorhandenen Verlusttabellen den Gesamtverlust des Belage¬
rungskorps auf höchstens 10.000 Mann, davon nicht mehr als 3 bis 4000 Tote. Die am
Brennpunkt des Kampfes gegen die Siedliskagruppe angesetzte russische 19. ID. habe
etwa 44 Offiziere und 3000 Mann, 25°/o ihres Gefechtsstandes, verloren.