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Der Herbstfeldzug 1914 gegen Rußland
Siedliska zum ersten Angriffsziel gewählt hatte. Ein am 6. früh von Teilen
der russischen 19. ID. gegen diese Fortsgruppe unternommener Vorstoß er¬
stickte im Feuer der Verteidiger. Im Laufe des Tages schoben sich die
Russen mit unheimlicher Schnelligkeit bis auf 500 m an die Siedliska-
gruppe und bis auf 1 km an den Gürtel der Nordfront heran. Am Abend
verlegte das Festungskmdo. einen Teil der Hauptreserve und die Divi¬
sionsartillerie der 23. HID. nach Siedliska, den am meisten gefährdeten
Verteidigungsabschnitt. Bevor der Morgen des 7. Oktober dämmerte, er¬
folgte der Hauptsturm. Dieser richtete sich, wie das Festungskmdo. richtig
erwartet hatte, gegen die Siedliskagruppe. Schtscherbatschew zog hier
drei Divisionen, die 19.ID. sowie die 58. und die 69. RD.,.zum entscheidenden
Angriff zusammen1). Kurz nach 3hmorgens hatten die Scheinwerfer
der Verteidiger infolge Geschütz Volltreffer zu spielen aufgehört, un¬
mittelbar darauf erfolgte der feindliche Ansturm. Das russische IR. 73
der 19. ID. hatte sich unbemerkt dicht an das Werk 1/1 und an die an¬
schließenden Infanteriestellungen her angeschoben. Trotzdem die Werks¬
besatzung auf ihrer Hut war und dem Angreifer einen blutigen Empfang
bereitete, gelang es den Russen, das zerfetzte Drahthindernis zu über¬
rennen und bis in den Werkgraben einzudringen. Oblt. Svrljuga, der
Werkskommandant, schloß sich nach einem blutigen Handgemenge ins
Werkinnere ein und führte durch die Schartenöffnungen der Kasematten
den Kampf heldenmütig bis 9h vorm. weiter. Unterdessen eilten von der
Bezirksreserve mehrere Kompagnien des HIR.7 zum Entsätze heran. Unter
wilden „rajta, rajtace-Rufen erklommen die Honvéds die Kehlböschung
und überwältigten die in das Werk eingedrungenen Russen. Was vom
Feinde noch am Leben blieb, streckte die Waffen. Zur gleichen Zeit
brachen auch alle übrigen Anstürme der Russen zusammen. Die 58. RD.,
die sich bei Htfrko gegen die Werke der Ostfront herangearbeitet hatte,
kam im Frontalfeuer des Gürtels und im Flankenfeuer der Traditoren-
geschütze nicht über das Glacis hinaus. Ebenso scheiterten die Angriffe
der 69. und der 60. RD., die links von der 19. ID. die Südostfront der Festung
bestürmten. Eine Angriffsgruppe blieb dicht vor den Hindernissen der
Gürtelwerke bei Popowice liegen und wurde sodann durch einen Ausfall
der Werksbesatzungen vertrieben. Ein anderes russisches Regiment geriet,
1) Schwalb, a. a. O. — R i e s e r, Przemysl, Der Kampf um das Werk 1/1 der
Gruppe Siedliska am 7. Oktober 1914 (Öst. Wehrzeitung 1925, Folge 29). — Die Be¬
satzung des Werkes 1/1 der Siedliskagruppe bestand aus 37 Mann des Wiener Festungs¬
artillerieregiments 1 und einer Kompagnie des ung. LstlR. 10 unter Lt. Altmann. Außer¬
dem hatte der Artilleriegruppenkommandant Oblt. Svrljuga im Werke seinen Standort.