Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Ausgang der Schlacht bei Limanowa-Lapanów ; 1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ; (1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ;)

Die Vielfältigkeit der Vorsorgen 
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Frankreich und Großbritannien die österreichisch-ungarische und die 
italienische Kriegsflotte sowie die jeweilig im Mittelmeer befindliche 
deutsche Kreuzerdivision unter dem Oberbefehl des k. u. k. Admirals Haus 
im Seeraume Tarent—Augusta—Messina zu sammeln gehabt, um sich 
sogleich gegen den einen oder den anderen, der im Mittelmeer anzutreffen¬ 
den Gegner zu wenden. Blieb Italien abseits — wie es dann wirklich 
geschah — so war die k. u. k. Flotte infolge ihrer zahlenmäßigen Unter¬ 
legenheit gegenüber den feindlichen Mittelmeergeschwadern grundsätz¬ 
lich zur Defensive verurteilt, zu der auch die Erwägung nötigte, daß 
aus dem nicht mitwirkenden Freunde über Nacht ein die Küste be¬ 
drohender Feind werden konnte. 
Zusammenfassend darf man wohl sagen, daß der österreichisch-un¬ 
garische Generalstab bei seinen Kriegsvorbereitungen bestrebt war, sich 
des Vorteils der „inneren Linie" im weitesten Maße zu bedienen und 
daß seine Aufmarschmaßnahmen an Gedankenreichtum und Gelenkigkeit 
nichts zu wünschen übrig ließen. Man erinnere sich nur der schweren 
Bedenken, die der russische Generalstab dem Wunsche des Zaren Niko¬ 
laus II., nur gegen Österreich-Ungarn zu mobilisieren, entgegensetzte, 
welche Bedenken schließlich den Sieg über jegliche politische Mäßigung 
davontrugen, wenn es eine solche überhaupt noch gab1). Und man er¬ 
innere sich, daß Deutschland trotz seiner unvergleichlich besseren Bahn¬ 
lage seit dem Frühjahr 1914 überhaupt nur mehr eine einzige Auf¬ 
marschlösung vorbereitet hatte, und wie GO. Moltke durch den vorüber¬ 
gehend aufgeworfenen Wunsch Kaiser Wilhelms II., die Hauptkräfte 
nicht, wie vorgesehen, gegen Frankreich, sondern gegen Rußland anzu¬ 
setzen, in größte Bestürzung geriet2). Wohl ist es nicht zu verhehlen, 
daß auch ein so beweglich ausgedachtes System wie das österreichisch- 
ungarische vor Überraschungen doch nicht gefeit war. Mag sich der 
menschliche Geist noch so abmühen, allen möglichen Fällen die Parade 
zu bieten — der Gewalthaber Krieg wird ihn immer wieder durch unvor¬ 
hergesehene Ereignisse übertrumpfen wollen. Diese Erfahrung mußte, 
wie noch zu erörtern sein wird, auch der k. u. k. Generalstab machen. 
Doch bleibt es dabei, daß er mit seinen Mobilisierungs- und Aufmarsch¬ 
vorbereitungen den Schwierigkeiten seines im Dreiviertelkreis bedrohten 
Vaterlandes so weit als möglich gerecht geworden ist, und daß er in 
der Elastizität und in der Anpassungsfähigkeit seiner Vorsorgen von 
keinem anderen Generalstab übertroffen wurde. 
1) Dobrorolski, Mobilmachung der russischen Armee 1914 (Berlin 1922). 
2) Moltke, Erinnerungen, Briefe, Dokumente 1877—1916 (Stuttgart 1922), 19.
	        
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